Musiksalon: Alban Bergs „Wozzeck“

Shownotes

Vor 100 Jahren uraufgeführt, und nach wie vor die ideale Einstiegsdroge für die immer noch so genannte „Neue Musik". Mit Musikbeispielen aus der Aufnahme unter Pierre Boulez mit dem idealen Wozzeck-Interpreten Walter Berry.

Über den Podcast: „Musiksalon“ "Presse"-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz präsentiert seine Lieblingsaufnahmen und lädt uns ein, mit ihm in seiner Klassiksammlung zu wühlen und einzudringen in die Geheimnisse von Mozart, Bach, Beethoven und anderen. Ein Podcast für Kenner und Neulinge. Jeden zweiten Samstag auf der Webseite der "Presse" und überall, wo es Podcasts gibt.

Alternierend mit dem „Musiksalon“ erscheint der Podcast „Klassik für Taktlose“, in dem Katrin Nussmayr und Wilhelm Sinkovicz gemeinsam die Welt der klassischen Musik ergründen: für musikalische Einsteiger und Klassik-Freunde, die’s ein wenig genauer wissen wollen.

Produktion: Wilhelm Sinkovicz/www.sinkothek.at Audio-Finish: Georg Gfrerer/www.audio-funnel.com. Redaktion/Konzeption: Anna Wallner Grafik: Adobe Stock

Transkript anzeigen

00:00:02: Der Musiksalon, mit Wilhelm Senkowicz.

00:00:20: Im Dezember-Zw.

00:00:31: in den Hundert Jahren passiert, dass die Vormachtstellung dieser Oper als das Vorzeigestück die Vorzeige Oper der musikalischen Avant-Garde hätte angrezen können.

00:00:46: ist und bleibt das Musterbeispiel einer gelungenen Oper der musikalischen Moderne und gleichzeitig auch, und das ist wohl der Grund, warum der Platz eins auf der Rangliste diesem Stück nie streitig gemacht worden ist.

00:01:05: Es ist eine Einstiegsdroge für Menschen.

00:01:09: die sich der Moderne nach wie vor vorsichtig nähern.

00:01:13: Denn eigentlich hat Albamberg mit diesem Werk das Formalen allen Kriterien entspricht, die man an ein avantgardistisches Musiktheaterwerk in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts geleckt hat, die große, romantische, spätromantische Operntradition fortgesetzt.

00:01:35: Er hat ein Stück komponiert, das wie die erfolgreichen Opern eines Richard Strauss, eines Giacomo Puccini, das waren seine zeitgenossen, seine erfolgreichsten Zeitgenossen im Musiktheater, perfekt mit den musikalischen Mitteln der Zeit, das Lokalkolorit eines Sticks und die seelischen Befindlichkeiten der handelnden Personen nachzeichnet.

00:02:02: Sowohl Strauss als auch Puccini.

00:02:05: haben zu diesem Zweck hin und wieder radikale Mittel angewandt.

00:02:10: Legendär ist die Aussage von Richard Strauss, als man ihm vorgeworfen hat, dass er in seiner Elektra an die Grenzen der Dur-Mol-Tonalität gegangen ist, die er sich sogar überschritten hat, hat er mit Verweis auf die Glütemnester-Szene in diesem Werk gemeint.

00:02:27: Ja, mei, wann auf der Bühne am Mutter der Schlangen wird, kann ihm Orchester-Kram-Kor-Violin-Konzert aufführen lassen.

00:02:35: Alban Berg hat sich daran gehalten.

00:02:38: Er hat den Wozeck vertont, bringen eines Schreibfehlers in der Übertragung des Originaltextes von Georg Büchner, hieß das Werk auch das Drama damals so.

00:02:51: In Wirklichkeit hat Büchner Wozeck geschrieben, was dazu geführt hat, dass das Stück heute bei uns auf den Sprechbühnen als Wozeck und in der Ober natürlich nach wie vor als Wozeck aufgeführt wird.

00:03:04: Büchner hat also in dieser Tragödie eine wahre Kriminalgeschichte seiner Zeit verarbeitet.

00:03:11: Der arme Soldat Wozeck, von allen geknichtet, dort mit seiner Freundin Marie.

00:03:17: Ein Kind, ein unehrliches Kind, schlimm genug für damalige Verhältnisse, für den Unterhalt der beiden sorgter, indem er zusätzlich zu seinem normalen Dienst noch allerlei Arbeiten verrichtet.

00:03:31: Für den Major geht er stecken schneiden, für den Arzt stellt er sich als Versuchskaninchen zur Verfügung.

00:03:39: Und doch, Marie betrügt ihn mit dem vielrang höheren Tambour-Major, Und als Wocek draufkommt, tötet er Marie.

00:03:49: Und dann sich selbst zurückbleibt ein ungeheuer bewegendes Bild der kleine Bub auf seinem Steckenpferd, der nicht ahnt, dass er seine Eltern nie wiedersehen wird.

00:04:04: Das Stück vom Büchner als Fragment überliefert besteht aus losen Szenen.

00:04:10: ist also eigentlich, obwohl nahezu noch einmal hundert Jahre älter als Bergsober, ein äußerst moderner Ansatz.

00:04:17: Und die Kunst von Alban Berg bestand nun darin, die ungemein expressive Kraft der Charakterzeichnungen der einzelnen Personen sinnfällig in Musik nachzuzeichnen in einer Kleinzeichnung, die eben der von Richard Strauss durchaus entspricht.

00:04:35: Aber anders als Richard Strauss, der in seiner Elektra eben über die Grenzen gegangen ist, als es darum gegangen ist, die zerrütete Seele der Glütemnestra nachzuzeichnen, dreht Berg den Spieß um.

00:04:50: Er findet in Büchners Tragödie steckt so viel Katastrophisches, bemitleidenswertes.

00:04:56: Aufwühlen des, dass man es da mit schönen Tour und Mollmelodien, zu denen Strauß ja immer wieder zurückfindet, eigentlich nicht gut sein lassen kann.

00:05:08: Wenn bei Strauß mitten in Tour und Mollregionen plötzlich die sogenannte Adtonalität hereinbricht, ist es bei Berg umgekehrt.

00:05:18: An den emotionalen Höhepunkten, im Leisen, wie im Hochdramatischen.

00:05:24: Kerndur und vor allem Molltonarten im Wotsäck immer wieder zurück.

00:05:31: Und das ist so klug und so raffiniert eingewoben in das eigentlich A-Tonale Ganze, dass wiederum seine Berechtigung aus dem dramaturgischen Gang der Oper erhält und auch vollkommen sinnfällig wird, dass die Gesamtkonstruktion von etwa neunzig Minuten Musik in ihrer formalen Perfektion und in ihrem Ausdrucksgehalt Auch auf einen völlig unvorbereiteten Hörer überwältigend wirken kann.

00:06:00: Diesem Geheimnis wollen wir in unserem Podcast ein wenig auf die Spur kommen, ein paar Fakten zu Beginn.

00:06:24: Titelpartie.

00:06:25: Die Idee zur Komposition des büchnerischen Textes ist Albanberg schon viel früher gekommen und zwar nach einer Aufführung des büchnerischen Fragments in den Wiener Kammerspielen am vierzehnten Mai.

00:06:39: Er war sofort gefangen von diesem Stück und seinem bewegenden Inhalt und hat erkannt, das war die Vorlage für seine musiktheatralischen Ideen.

00:06:51: In einem Brief von seinen Kommilitonen in der Kompositionsklasse von Arnold Schönberg, Anton Weber, schreibt er, Das war im Jahr n.a da hatte Berg auch seinen Kriegsdienst versehen.

00:07:16: Zunächst tatsächlich als Soldat im österreichischen Landwehr Infanterie Regiment Nr.

00:07:21: eins und dann wegen seines Asthma Leidens als Kanzlist im Kriegsministerium.

00:07:28: Im ersten Urlaub, den er verbringen durfte im steirischen Trahütten auf einem Gut der Familie.

00:07:36: Im August, sind erste Entwürfe zum Wotzig entstanden.

00:07:41: Aber erst nach dem Krieg, in dem die Familie Berg nahezu alles verloren hat, weshalb Berg sich mit Unterrichten und anderen Tätigkeiten über Wasser halten musste, ist es dem Komponisten gelungen, in den Jahren, und einundzwanzig die Komposition zu vollenden.

00:07:59: Ein bisschen später, und ein bisschen später, lag dann die Partitur vor.

00:08:03: Den Klavierszug hat Berg zunächst einmal mithilfe von Alma Maler, der schlussendlich der Wotzig dann gewidmet wurde, im Eigenverlag veröffentlicht.

00:08:13: Die Universal-Edition hat dann doch das Material hergestellt, sodass in den letzten Jahren die Oper-Uhr aufgeführt werden konnte.

00:08:23: Zunächst hatte aber die Musikwelt schon erfahren, dass Berg diesen Wotzig komponiert hatte.

00:08:30: Hermann Scherchen, der bedeutende Dirigent und Vorkämpfer für die neue Musik, hat angeregt Bergmöge doch drei Szenen aus seiner Oper für den Konzertgebrauch einrichten, was dann auch passiert ist.

00:08:45: Diese Wotsack-Bruchstücke hat Scherchen dann beim Deutschen Musikfest in Frankfurt, die in der Zeit von drei Uhr geführt hat.

00:08:51: Der Erfolg war bedeutend.

00:08:53: Und das haben sich, wie es bei der neuen Musik üblich war und vielleicht auch ein bisschen noch immer ist, gleich auch die Gegenstimmen hören lassen.

00:09:03: und es entbrach im Vorfeld.

00:09:06: der Uraführung der Oper, die Erich Gleiber als Chef der Lindenoper in Berlin für und einzehn fünfundzwanzig dann vorbereitet hat.

00:09:15: Journalisten, die heftige Polemik entfaltet haben.

00:09:20: Noch nach der Generalprobe sind Falschmeldungen verbreitet worden über die Unspielbarkeit des Sticks, aber das hat nichts genützt.

00:09:27: am vierzehnten Dezember.

00:09:29: Meins in fünfundzwanzig war Albanberg ein gemachter Mann.

00:09:32: Das Publikum topte vor Begeisterung.

00:09:36: Und die internationale Reaktion war dann heftige Neugier und viele Produktionen dieses neuen Sticks in ganz Europa.

00:09:46: Willi Reich, al-Bambergs Biograph, hat nachgewiesen, dass bis nineteen fünfunddreißig bis zum frühen Tod des Komponisten neunundzwanzig Produktionen mit insgesamt hundertsechsundsechzig Aufführungen stattgefunden haben.

00:10:03: Die Library of Congress in den USA sogar das original Manuskript der Partitur angekauft.

00:10:10: Man wusste schon, das ist ein Meisterwerk, das Epoche machen würde.

00:10:16: Nach dem Krieg... Während der Nationalsozialistischen Diktatur war Berg natürlich als Entharte der Komponist verboten, hat es ein wenig gedauert bis Wozeck wieder in die Spielpläne zurückgefunden hat.

00:10:30: Da kam es in Düsseldorf zur ersten Wiederaufführung.

00:10:34: Und dann, das darf man in Österreich nicht vergessen, war ein Name, ein Interpreten, ein Dirigentenname mit diesem Wozeck ganz eng verbunden.

00:10:44: Und das war... Karol Böhm, er hat in den ersten Jahren, gegen viele Widerstände, Wotzig bei den Salzburger Festspielern herausgebracht und hat ihn dann, auch als eines der wichtigsten Stücke, bei der Neueröffnung der renovierten Staatsoper am Ring in Wien ins Zentrum gerückt.

00:11:04: Damals mit Walter Berry, einem Interpreten der Titelpartie, der drei Jahrzehnte lang nicht wegzudenken war, wer erlebt hat.

00:11:14: wie sich Berri mit dieser Figur identifizieren konnte, der weiß, warum.

00:11:20: Ich möchte daher die Musikbeispiele im heutigen Podcast von Walter Berri singen lassen.

00:11:28: Er hatte in der Leitung von Pierre Boulez in Paris eine Aufnahme gemacht, die insgesamt auch dank Boulez Accurates zu den besten Darstellungen dieser Partitur gehört.

00:11:44: Verfolgen wir nun also die Handlung des Wozeck und vor allem machen wir uns mit den Charakteren der handelnden Personen vertraut und steigen wir mit einem Musikbeispiel ein, das vielleicht in knapper Kürze verdeutlichen kann.

00:12:02: Warum dieses Stück, warum diese Musik auch skeptiker normalerweise sofort überzeugt?

00:12:54: In diese gewaltige Steigerung mündet das Letzte der großen Zwischenspiele, die Albertberg zwischen die Szenen seiner Wotzig-Opa gesetzt hat.

00:13:05: Die Tragödie geht ihrem Ende zu.

00:13:09: Wotzig hat seine Geliebte getötet und dann sich selbst.

00:13:13: Und im besagten Zwischenspiel kehren die Themen, die Hauptthemen, die Leitmotive, wenn man so möchte, der Opa noch einmal zurück.

00:13:24: in einem großen Rückspiegel und alle Leiterfahrungen kulminieren in dem eben gehörten Moment.

00:13:34: Der steht unüberhörbar in Demol.

00:13:38: Das ist die große Kunst des Alpernberg.

00:13:41: Er nutzt zur Charakterisierung der Episoden alle Möglichkeiten der musikalischen Moderne, sprengt das harmonische System, aber am Ende findet er doch.

00:13:53: die Brücke zur spätromantischen, zur hochromantischen Opernmusik zurück.

00:14:00: Mit ein Grund, warum dieses Stück so erfolgreich gewesen und geblieben ist.

00:14:07: Blenden wir zurück.

00:14:08: Der erste, der Quellgeister Wozzeck, dem wir begegnen, ist der Hauptmann.

00:14:15: Ebenso sadistisch wie hyperkondrisch.

00:14:18: Er hält Wozzeck unterbrochen moralische Vorträge, Abwechselnd mit Bekundungen seines Unwohlseins körperlich wie mental.

00:14:30: Es wird ihm ganz Angst um die Welt, wenn er überlegt, dass sich der Erdkogel in einem Tag herundrehen kann.

00:14:38: Der Vergleich mit einem Müllrad entsteht.

00:14:42: Wieder so eine große Steigerungswelle, mündend in einem der vielen musikalischen Klangbilder.

00:14:51: in denen das Müllrad, das sich dreht, ganz unverkennbar gezeichnet wird.

00:14:57: Und in der nächsten Sekunde geht der Hauptmann auch schon wieder über in seinem besserwissrischen, moralisierenden Ton.

00:15:24: Nun ist es aber wieder nicht ewig, sondern ein Augenblick.

00:15:32: Ja, ein Augenblick.

00:15:37: Wutzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, dass sich die Welt in einem Tag herumdreht.

00:15:46: Darum kann ich auch kein Blöder sehen.

00:15:54: Ich wehr melancholisch.

00:15:58: Jawohl, Herr Hauptmann.

00:16:04: Auf den unerträglichen Redefluss des Hauptmanns reagiert Wozec zum ersten Mal mit einer großen Anklage.

00:16:13: Büchners Sozialdrama lässt den Anti-Helden Wozec darüber philosophieren, wie es ist mit den armen Leuten.

00:16:22: Wie arme Leute, das wird zu einem prägnanten Leitmotiv der ganzen Oper.

00:16:29: Und wir hören da eben gleich im ersten Bild der Oper.

00:16:32: so etwas wie eine verzweifelte sozialpolitische Standortbestimmung.

00:18:53: Erleben wir Wotzig mit seinem Freund Andres auf einem Feld vor der Stadt Schneiden und da hört man wie Alban Berg in die, im Prinzip... atonale, harmonische Welt, immer wieder Erinnerungen an musikalische Formen, die uns allen vertraut sind, hinein verwebt.

00:19:17: Anderes wohl auch, um sich Mut zu machen in der Dunkelheit.

00:19:22: Der Abenddämmerung singt ein Lied.

00:19:25: Ein wenig verzerrt, aber doch irgendwie erkennbar.

00:19:28: ein typisches Jägerlied.

00:19:31: Wollt euch wiederum Erleben.

00:19:32: wir nun von einer ganz anderen Seite.

00:19:34: seinem Freund gegenüber, kann er sich offenbar noch, wenn der nicht versteht, was Wozeck will.

00:19:41: Der arme Mann ist geplagt von schrecklichen Visionen.

00:19:46: Ein seelisch schwer angeknackster Mensch.

00:22:02: Im nächsten Bild lernen wir Wozecks geliebte und Mutter seines Kindes Marie kennen.

00:22:08: Zunächst einmal am Fenster im Dialog mit der eifersüchtigen Nachbarin.

00:22:13: Wiederum ein Lied singen.

00:22:15: Der fesche Tambour-Major erzielt mit seiner Blaskapelle vorbei und Marie singt den Refrain mit.

00:22:22: Wiederum ein mal gamiert Berg.

00:22:25: Alle möglichen Versatzstücke von Volksmusik und Blasmusik ineinander und die beiden Damen geraten in Streit miteinander.

00:22:33: Denn die Nachbarin wirft Marie ihre Leichtlebigkeit vor, worauf diese das Fenster zuwirft.

00:22:40: Schärfer Schnitt.

00:22:41: Sie wendet sich ihrem... Buben zunimmt in ein armes Hurenkind und singt ihm ein Schlaflied vor.

00:22:49: Und das ist der erste Moment, wo Berg den Schwebezustand zwischen Tonal und A-Tonal eigentlich beinahe Kehar für Duer und Moll entscheidet.

00:23:02: Jedenfalls fühlt sich das Ohr hier harmonisch durchaus geborgen.

00:26:06: Im vierten Bild tritt der nächste Quellgeist auf.

00:26:10: der Doktor, dem Wotzig sich als Versuchskraninchen zur Verfügung stellt, um ein wenig Geld für seine kleine Familie zu verdienen.

00:26:20: Allerlei Qualen und Experimente muss er erdulden, bohnen, essen, den Herrn zurückhalten und was der Doktor für seine perversen Experimente nur gebrauchen kann.

00:26:33: Er verfällt in einen größen, wahnsinnigen Lustausbruch, indem er seine Theorie feiert und damit Unsterblichkeit erlangen möchte.

00:26:44: In der nächsten Sekunde verlangt er schon wieder ganz kalt und berechnend, dass Wotzig ihm die Zunge zeigt.

00:29:13: Es kommt, wie es kommen muss.

00:29:15: Marie beginnt ein Verhältnis mit dem festen Tambour-Major.

00:29:19: Und Wozec wird misstrauisch, als er bemerkt, dass Marie plötzlich zwei Ohrringleien besitzt.

00:29:28: Sie meint, sie hätte sie gefunden.

00:29:31: Er meint zwei auf einmal und dann verfällt er wieder in eine Klage angesichts seines kleinen Buben, der da nichts von seinem Schicksal ahnt, in das er hineingeboren wurde.

00:31:21: in einem der zentralen Bilder der Oper aus dem Mund von Hauptmann und Doktor erfahren, was er schon geernt hat.

00:31:44: Marie ist ihm untreu geworden.

00:31:47: Er stellt sie und sie verweigert sich ihm trotzdem.

00:31:52: Man kann viel sehen, wenn der Tag lang ist.

00:31:56: Sie lässt sich von ihrem einstigen Geliebten nicht mehr anrühren und meint lieber ein Messer in meinen Leib.

00:32:03: als deine Hand auf mich.

00:32:05: Das sitzt.

00:32:07: Und es nimmt auf grausame Weise das Schicksal Marys voraus.

00:32:34: In der Schenken Szene geht es des abends drunter und drüber betrunken Handwerksburschen singen und grölen.

00:33:37: Ein Jagdlied wird angestimmt.

00:33:39: Auch Andres singt zur Gitarrebegleitung und die kleine Kapelle spielt Tanzmusik.

00:33:48: Hier erweist sich Die musikalische Puzzletechnik von Albanberg als kongenial zu Georg Büchners kleinteiliger theatratischer Sozialstudie.

00:34:01: Zwischendrin klingt sogar einmal eine Tonfolge auf, die wie ein Zitat von Richard Strauss Rosenkabel, die ihr Walzer begriffen werden kann.

00:34:12: Das war jedenfalls jenes Stück, mit dem Strauss sich von seiner radikalen Moderne abgewendet hat.

00:34:19: Was ihm die Vertreter der Avantgarde, die ihn zunächst als einen der Ihren betrachtet hatten, stets übergenommen haben.

00:34:28: Jedenfalls soll Richard Strauss in Berlin, also eine Abführung des viel gerühmten Wurzeck, besucht hat.

00:34:36: mitten im zweiten Akt aufgestanden sein und abgegangen.

00:34:40: Vermutlich war es bei dieser Stelle.

00:34:43: Wie auch immer, in dieser Wirtshaus-Szene, ertappt Wozeck seine Marie Inflagranti.

00:34:51: Sie tanzt anzüglich mit dem Tambour-Major.

00:35:45: Der dritte Akt des Wodsek gehört dann vermutlich zu den stärksten Obam-Akten, die je komponiert worden sind.

00:35:53: Die Trägerödie steuert unbeirrt auf ihren Höhepunkt zu.

00:35:58: Zunächst einmal die sogenannte Bibelszene, in der Marie in der Bibel liest und bei der Geschichte von Maria Magdalena trosszucht.

00:36:08: Schlechten Gewissens?

00:36:09: Und noch einmal singt sie ihrem Kind ein Schlaflied.

00:36:15: Ein Märchen, das Großmuttermärchen, wie es heißt.

00:36:19: Und jetzt schreibt Albert Berg erstmals eine Tonart vor.

00:36:24: F-Moll.

00:36:25: In dieser höchsten Verzweiflung, gleichzeitig ein tröstlicher Moment und eine entsetzliche Vorwegnahme des Schicksals.

00:36:35: Ein Kind, das wie der Vater noch Mutter hatte.

00:37:14: Wir haben schon mitbekommen, wie Alban Berg jede kleinste Geste, jede kleinste Seelenregung in musikalische Metaphern umsetzt.

00:38:37: Gleichzeitig sorgt er für Zusammenhalt, indem er die Szenen seiner Oper in große, formale Einheiten bindet.

00:38:48: Das geht sogar so weit, dass der Mittelakt eine Symphonie darstellt und im letzten Akt ist jede Szene nach einem bestimmten Formschema gegliedert.

00:38:58: Die Pip-Szene mündet in eine Fuge und die folgende Todeszene am Teich grobiert sich vollständig um einen einzigen Ton, den Todestron H. Er liegt zunächst im Bass, wandert dann in die höchsten Regionen, aber er dominiert die gesamte Szene.

00:39:20: Wozeg stellt seine Marie und ersticht sie.

00:39:24: Dann läuft er davon und der Ton H setzt noch einmal an, ganz leise im Ohren und dann stimmen alle Orchester-Instrumente in diesen Ton ein.

00:39:37: Ein gewaltiges Crescendo, das in einer Sekunde zerplatzt und einem Todesrhythmus in der großen Trommel platz macht.

00:41:38: Dieser Rhythmus beherrscht nun die gesamte folgende Szene, die zweite Schenkenszene, gespenstisch kurz und Ein Moment, in dem Wotzig entlarvt wird, weil man Blut an seinen Händen findet.

00:41:53: Er läuft erneut davon zurück zum Teich und das Messer im Teich zu versenken.

00:42:01: Bei der Gelegenheit wartet er in den Teich und er trinkt.

00:42:07: Berg summiert hier seine illustrativen, orchestralen Kunststücke, indem er Pitoresk nachmalt, wie Wotzig versinkt.

00:42:17: und nur noch Kreise im Wasser bleiben, die immer weiter sich ausdehnen und schließlich in eine gespenstische Stille münden.

00:42:28: Der Doktor und der Hauptmann erscheinen hören das Ächzen und machen sich davon und ein gigantisches Zwischenspiel in dem All summiert das ganze Drama noch einmal auf symphonische Weise.

00:42:42: Es mündet in den Eingangs dieses Podcasts Erklungen.

00:42:47: Höhe Punkt und macht der grausamen letzten Szene Platz.

00:42:52: Kinderspielen bekommen die Nachricht, dass die Tote Marie am Teich gefunden wurde.

00:42:59: Sie laufen alle davon und hinter ihnen her auf seinem Steckenpferd.

00:43:03: Der kleine Sohn der beiden.

00:43:06: Der ganz unschuldig und ahnungslos Hop Hop.

00:43:09: Hop Hop singt.

00:43:11: In einem Nirwana der Klänge schließt diese Oper.

00:43:16: Und ich glaube nicht, dass irgendjemanden diese Szene kalt lassen kann.

00:45:51: Nicht wie blutisch.

00:45:58: Zeig dich!

00:45:59: Und nachher!

00:46:35: Ein Ton.

00:46:36: Ja, dort.

00:46:39: Es ist das Wasser im Teich.

00:46:42: Das Wasser ruft.

00:46:45: Es ist schon lange niemand erdronken.

00:46:48: Es ist nicht gut zu hören.

00:47:06: Das stöhnt, als stürbe ein Mensch.

00:47:12: Da ertrinkt jemand, hört sie, dass das echt ist.

00:53:13: Auf halbem Wege zwischen Dur und Moll und freier Harmonie, aber direkt ins Herz des Hörers und bei Passe in der Inszenierung auch des Zuschauers.

00:53:27: Das war unser Podcast über Wozeck von Albamberg.

00:53:32: Die Aufnahme stammte aus Paris, entstanden im Jahr neunzehntzechsundsechzig.

00:53:37: Also gestern der Oper Paris und der Chor und der Kinderchor der Oper Paris, Pierre Boulez stand am Pult.

00:53:43: Walter Berry war der Watzig, Isabel Strauss die Marie, Albert Feltenmeier der Hauptmann und Karl Dönch, der Doktor.

00:53:54: Danke fürs Zuhören.

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