Musiksalon. Meine Lieblingsaufnahmen: Furtwängler dirigiert Bruckner.

Shownotes

Von der aufregendsten Aufführung der selten gespielten Sechsten Symphonie existiert nur ein Fragment. Und doch: Wer das nicht gehört hat, ahnt nicht, was in einer Brucknersymphonie stecken kann!

Über den Podcast: „Musiksalon“ "Presse"-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz präsentiert seine Lieblingsaufnahmen und lädt uns ein, mit ihm in seiner Klassiksammlung zu wühlen und einzudringen in die Geheimnisse von Mozart, Bach, Beethoven und anderen. Ein Podcast für Kenner und Neulinge. Jeden zweiten Samstag auf der Webseite der "Presse" und überall, wo es Podcasts gibt.

Alternierend mit dem „Musiksalon“ erscheint der Podcast „Klassik für Taktlose“, in dem Katrin Nussmayr und Wilhelm Sinkovicz gemeinsam die Welt der klassischen Musik ergründen: für musikalische Einsteiger und Klassik-Freunde, die’s ein wenig genauer wissen wollen.

Produktion: Wilhelm Sinkovicz/www.sinkothek.at Audio-Finish: Georg Gfrerer/www.audio-funnel.com. Redaktion/Konzeption: Anna Wallner Grafik: Adobe Stock

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00:00:03:

00:00:21: Herzlich willkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

00:00:24: In einem Podcast vor ein paar Wochen bin ich das Wagnis eingegangen in eine technisch gewiss höchst unvollkommene Aufnahme einer Mozart-Symphonie unter Sir John Barbiroli aus den Vierzigerjahren vorzuführen als eine meiner Lieblingsaufnahmen und ich habe auch versprochen, weitere Lieblingsaufnahmen folgen zu lassen.

00:00:46: Ich freue mich, dass ich einige begeisterte Reaktionen bekommen habe darauf und dass sie mir also offenbar nicht böse sind, wenn ich Dinge erklingen lasse, die keineswegs den heutigen Ansprüchen an eine vollendete Aufnahmetechnik genügen.

00:01:05: Der Inhalt, dass wie die Musik gespielt wird, ist sie am Ende doch am wichtigsten.

00:01:12: Also wage ich es heute ihnen eine Aufnahme vorzuführen, die zu meinen absoluten Lieblingsaufnahmen von Symphonien von Anton Bruckner gehört.

00:01:23: Nämlich die sechste Symphonie, ohnehin die von den großen Bruckner Symphonien, die am seltensten aufgeführt wird, in einer Aufführung aus den frühen vierziger Jahren durch die Berliner Philharmoniker unter Wilhelm Furtwinke.

00:01:38: Und?

00:01:39: mehr noch eine Aufnahme, die als Fragment überliefert ist.

00:01:42: Wir haben nämlich nur die Sätze zwei bis vier, die von diesem Mitschnitt des Reichsrundfunks erhalten geblieben sind.

00:01:52: Und doch möchte ich Ihnen diese Aufnahme ans Herz legen, denn es handelt sich um eine brokne Aufführung von seltener Intensität und Wirkungsmacht, wie ich finde.

00:02:04: Und dass ich jetzt fragen, warum schon wieder eine alte sozusagen altersschwache Aufnahme?

00:02:09: Meine Antwort ist, weil alle späteren Interpretationen, vor allem dieser Symphonie und vor allem jene, die im Digitalzeitalter aufgenommen wurden, sind sich gegen Fortwenkers intensive, stürmische Deutung.

00:02:24: So technisch vollkommen sie auch aufgenommen worden sein mögen, musikalisch altersschwach ausnehmen, wenn sie mich fragen.

00:02:33: Um zu demonstrieren, was ich meine, zäumen wir dieses Pferd.

00:02:36: Und vielleicht einmal von hinten auf.

00:02:38: beginnen wir mit dem Finale und gehen in Medias Rees insofern, als man hier hören kann, welche Kraft, welche dramatische Intensität die Berliner Philharmoniker unter Fortwängler entfaltet haben.

00:02:54: Und warum die Menschen in jener Zeit Fortwängler für den bedeutendsten lebenden Dirigenten geraten haben.

00:03:03: Es waren dunkle Zeiten.

00:03:06: mitten im Zweiten Weltkrieg.

00:03:09: Das mag vielleicht den Zynismus sein, sich für eine musikalische Interpretation zu begeistern, die in Eisers der Bedrängnis entstanden ist.

00:03:19: Aber wir begeistern uns ja auch für Musik von Komponisten, die diese in Eisers der Bedrängnis komponiert haben.

00:03:28: Man muss den Menschen vom Werk trennen, den Komponisten.

00:03:31: und wohl auch den Interpreten von seiner Leistung, wenn es um solche Aufnahmen geht.

00:03:37: Musik bleibt ja doch Musik.

00:03:41: Es ist ein Beispiel für die existenzielle Kraft der Kunst.

00:03:46: In diesem Fall der Musik, die hier entfesselt wird.

00:03:50: Jedenfalls stimmt es, dass die Klänge am Anfang des Finalsatzes von Brugner VI Angst widerspiegeln.

00:03:58: Eine bedrohliche Situation jedenfalls.

00:04:01: Aus flüstern Regionen schwillt die Musik da an und es fahren wilde Blechbläsern, fahren dreien, die eigentlich die Funken zünden.

00:04:11: Es kommt zu einer Entladung sondergleichen und es klingt irgendwie lächerlich, wenn man bei dieser Art von Klangentfaltung davon spricht, dass formal gesehen hier ein Thema präsentiert wird.

00:06:10: In der Folge.

00:06:11: definiert Wilhelm Fortwönger mit seinem Orchester die klassische Sonatenform mit ihrer zentralen Durchführung des motivischen oder thematischen Materials neu, indem er die Ausdrucksintensität unter fortwährendem Hochdruck auf die Spitze trägt.

00:06:28: Die Musik rast, sie tobt, sie droht mehrmals in sich zusammen zu brechen und immer noch weiter zu stürmen.

00:09:09: rechtgegeben, meine Damen und Herren, eine dermaßen aufwühlende Bruckner-Deutung hört man selten.

00:09:15: Nichts liegt einem eher ferner, als das althergebracht eigentlich peinlich biedermeierliche Wort vom Bruckner als der Musikant Gottes zu sprechen.

00:09:26: Hier erzählt ein Komponist doch eine höchst weltliche und jedenfalls leidenschaftlich bewegte, eine aufbegehrende Geschichte, eine Lebensgeschichte zweifelos.

00:09:37: Im Rückblick melden wir uns nun dem Langsamens aus der sechsten zu ein Adagio von eminenter Schönheit und Tiefe.

00:09:46: Ein Vorgängerstück für die drei großen Adagiosätze der folgenden Symphonien, die jeweils wenn auch jedes mal anders auf eruptive Höhepunkte zusteuern.

00:09:58: In der sechsten agiert Brokna ein bisschen anders.

00:10:01: Er stellt uns zunächst zwei lyrische Themen vor, ein ernst gefasstes und ein sehnsüchtigen, lichte Höhenstrebendes Gesangsthema.

00:10:12: Willen Furtwängler entwickelt die beiden in einem bewegenden Dialog von berückender musikalischer Schönheit.

00:13:24: Es gibt, wie ich finde, wenig innigere, liebevollere, zärtlichere Musik als Progner hier komponiert hat.

00:13:34: Aber das Geschehen mündet im Zentrum des Sanctes in eine trauermarschartige Sequenz.

00:13:40: von höchster Introvertiertheit.

00:13:43: Wenn es wirklich trauer ist, die hier tönt, dann ist es eine, wie sich der Dirigent Fortwängler einmal für den zweiten Satz von Beethoven's Erroll kapustuliert hat.

00:13:53: Tränenlose Trauer.

00:13:56: Der Eintritt dieser Musik erschüttert mich in dieser Interpretation jedes Mal aufs Neue.

00:14:51: In der Folge werden in diesem wunderbaren Satz die drei Themen wiederholt und erneuern sozusagen diskutiert.

00:14:59: Das Satz strebt an einem berührenden Schluss zu.

00:15:02: Er endet wie eine Auflösung aller inmitten des Satzes laut gewordenen Zweifel oder vielleicht gar der Verzweiflung, er endet in verklärter Stille.

00:15:13: Tröstlicher kann wiederum Musik nicht sein, finde ich.

00:15:17: Eine letzte Aufwahlung des lyrischen zweiten Themas gibt sich da in zärtlichen Artenzügen hin.

00:15:24: Das klingt nicht nach Hoffnung, sondern nach Gewissheit.

00:15:29: nach Sicherheit.

00:15:31: Vielleicht ist er ja jetzt doch da.

00:15:33: Der Musikant, auch das Orchester und der Dirigent realisieren das mit Hingabe.

00:18:59: Wieso oft?

00:18:59: bei Bruckner ist das folgende Skert so ein Satyr-Spiel.

00:19:03: Spaltiersch vielleicht jedenfalls ein Gegenpol zu den leicht beschwindeten und elfenhaften Skerts so setzender Frurromantik, wie wir sie im Sommernachtstraum beim Mändlersohn oder manchmal bei Karl-Marie von Weber hören können.

00:19:17: Brauen sich bedrohliche Wolken über das Zähne zusammen.

00:19:22: Und die Blechbläser scheinen stets bereit, eine Attacke zu reiten.

00:20:26: Keine wirkliche Beruhigung bringt diesmal auch das Trio der Mittelteil des Gerts aus.

00:20:31: Auch wenn sich die Blechbläser einwirfertig, also scharf waren jetzt in Jagdhörner verwandelt zu haben scheinen.

00:20:39: Irgendwie hat man das Gefühl, Brokner blickt ihn.

00:20:42: diesem Moment des innehaltens auf seine beiden voraingegangenen Symphonien zurück.

00:20:47: Die vierte mit dem berüchtigten Jagdskerzo, das so ähnliche Hormfarmfahren hören lässt und den Brugner hier in den Holzbläsern unmittelbar das Hauptthema des ersten Satzes der fünften Symphonie folgen lässt.

00:21:01: Treppenwitz der Geschichte, die vierte, die hat Brugner selbst seine romantische genannt und sie wurde zu seiner populärsten Symphonie.

00:21:09: Die fünfte hat er nie von einem Orchester gespielt werden können.

00:21:13: Ebenso wenig wie die Sechste.

00:21:16: Einer der bedeutendsten Komponisten der Romantik.

00:21:19: Die Zeitgenossen haben ihn sträflich unterschätzt.

00:22:11: Wer die Ausschnitte aus dieser Aufnahme gehört, die wir jetzt gespielt haben, der wird bedauern, dass er von dieser außerordentlichen Interpretation den ersten Satz, der von der Länge her der Gewichtigste, der Wichtigste der Symphonie ist, nicht erhalten geblieben ist.

00:22:28: in der Fortwängler Interpretation.

00:22:31: Die Bänder sind aus Berlin nach Russland gegangen, wo die legendäre Plattenfirma Melodia dann die musikalische Kriegsbeute nach Herzenslust ausgeweidet hat.

00:22:44: und auch die drei erhaltenen Sätze der Sechsten Symphonie sind auf Langspielplatte bald erschienen.

00:22:51: Vom ersten Satz fällt bis heute jede Spur.

00:22:56: Wie eingangs gesagt, für Bruckner Freunde ist dieses historische Fragment ein Beweis, wie aufregend man eine Symphonie dieses Meisters treten und zum Klinge bringen kann.

00:23:06: Im Finale setzt ein Furtwängler und die Berliner Philharmoniker geradezu zu einer wilden Jagd an, die sich erst ganz zuletzt in eine triumphale, erlösende Schlussgäste aufzulösen scheint.

00:23:18: Und da hören wir dann zumindest für dieses eine Mal in dieser Aufnahme auch das Hauptthema des Kopfsatzes.

00:23:26: Wie so oft bei Bruckner bildet es die Apotheose und setzt den krönen Schlusspunkt.

00:23:33: Hören wir das Finale von Bruckner sechster in dieser Aufnahme aus dem Jahr nineteen zweihundvierzig zur Gänze.

00:35:58: Wilhelm Furchtwinkel und die Berliner Philharmonika mit dem Finale der sechsten Symphonie von einem.

00:36:05: Ich hoffe meine Damen und Herren, Sie geben mir Recht.

00:36:08: Es lohnt sich, auch wenn diese Aufnahme ein Fragment geblieben ist oder als Fragment.

00:36:15: Und überliefert ist sich das einmal.

00:36:20: Danke fürs

00:36:37: Zuhören.

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