Taktlos to go: Die Habanera, die berühmteste Melodie aus „Carmen“, hat Georges Bizet geklaut!
Shownotes
Die Melodie ist weltberühmt: Mit der „Habanera“ tritt die Titelfigur der Oper „Carmen“ zum ersten Mal auf und stellt gleich klar, was sie von der Liebe hält - dass man diese nämlich nicht erzwingen kann. Eine Freiheitshymne, die Carmen im Lauf der Opernhandlung noch ihr Leben kosten wird… Was steckt hinter diesem bekannten Lied, das nicht zufällig nach der kubanischen Hauptstadt Havanna benannt ist? Katrin Nussmayr fragt, Wilhelm Sinkovicz erzählt: Wie es dazu kam, dass ein kubanischer Tanz in eine französische Oper fand, die in Spanien spielt. Wer das Lied eigentlich geschrieben hat - denn es war nicht der Opernkomponist Georges Bizet. Und was man sonst über „Carmen“ wissen sollte.
Mit dieser Folge über die „Habanera“ aus der Oper „Carmen“ geht unsere kleine Sommerserie in eine weitere Runde: In „Taktlos to go“ widmen wir uns den berühmtesten Melodien der Klassikwelt und den Geschichten, die dahinter stecken. Als musikalischer Sommerspritzer für zwischendurch!
Über den Podcast In „Klassik für Taktlose“ ergründen "Die Presse"-Feuilleton-Redakteurin Katrin Nussmayr und Klassikkritiker Wilhelm Sinkovicz gemeinsam die Welt der klassischen Musik: Braucht jedes Orchester einen Dirigenten? Warum verstört Richard Wagner so? Was war an Mozart eigentlich so toll? Wie viel Klassik steckt in „Bohemian Rhapsody“ oder Taylor Swift? Für musikalische Einsteiger und Klassik-Freunde, die’s ein wenig genauer wissen wollen.
Produktion: Wilhelm Sinkovicz / www.sinkothek.at Audio-Finish: Georg Gfrerer / www.audio-funnel.com.
Transkript anzeigen
00:00:04:
00:00:21: Was haben die Liebe und ein Vogel gemeinsam?
00:00:24: Die Antwort kommt in diesem Lied vor, das sie ziemlich sicher kennen dürften.
00:02:17: Jetzt sind wir schon bei der Aussprache, weil... Schreiben tut man's ja Habanera, aber das ein spanisches Lied ist... Habanera,
00:02:24: aber wir haben uns schlau gemacht,
00:02:26: das heißt Habanera.
00:02:27: Eigentlich heißt es Habanera und ich sage jetzt auch Habanera, weil ich glaub, sonst ein stummes Hain am Podcast ist immer schwierig.
00:02:34: Auf jeden Fall, wir sprechen über dieses berühmte Stück aus der Oberkamen.
00:02:38: Damit sind wir jetzt auch mittendrin, intaktlos to go, eine kleine Take-Away-Folge, die wir hier machen, zum Snacken für Zwischendurch.
00:02:45: Wir erzählen in diesen Folgen, woher Melodien kommen, die... jeder kennt, die weltberühmt sind und was diese Melodien so besonders macht, welche kleinen und großen Dramen dahinter stecken.
00:02:58: Ja, was ist denn das, die Habanera?
00:03:00: Ja, das ist das Auftrittslied der Carmen, eine der berühmtersten Opernfiguren.
00:03:06: Überhaupt die verführerische Frau schlechthin, die alle Männer um den Finger wickelt und alle Frauen ärgert.
00:03:13: Und ja, die stellt sich vor mit diesem Lied dass davon handelt, dass die Liebe, in der deutschen Übersetzung hieß es immer, ja, die Liebe hat bunte Flügel.
00:03:25: Im Französischen heißt es also Rebell, also ein rebellischer oder aufmüpfiger Vogel, ein widerbarstiger, der fliegt hin, wo er will.
00:03:36: Die Liebe ist also flatterhaft.
00:03:38: Fällt hin, wo sie will.
00:03:40: So ist es.
00:03:40: Und die von allen begehrte Kärmen stellt das gleich klar, wenn sie reinkommt sozusagen.
00:03:46: Ich glaube, wir werden noch über die Handlung dieser Oper noch weiteres genaueres besprechen.
00:03:52: Aber davor will ich gerne von dir wissen, was ist das für eine Gattung?
00:03:55: Was ist das eigentlich für eine Art Lidra-Arie?
00:03:59: Das ist ein Lied, wie du richtig sagst, also keine Aarie in dem Sinn, sondern sie singt ein Lied und zwar ein Tanzlied.
00:04:07: Jetzt ganz kurz, was ist denn der Unterschied zwischen Aarie und Lied?
00:04:11: Aarie, ich meine, das sind die Grenzen, die natürlich fließend, aber eine Aarie in der Regel kann etwas sehr kunstvoll gebautes sein.
00:04:20: Wir haben immer wieder geredet, z.B.
00:04:22: über die Wildnisaree des Tamino aus der Zauberflöte.
00:04:25: Da ist eine große Melodie, die sich über das ganze Stück Minuten lang zieht und wo sich nichts wiederholt.
00:04:31: Ein Lied ist in der Regel das, was man relativ schnell nachsingen kann, meistens mit viertaktigen, achtaktigen Phrasen, die sich auch gerne wiederholen.
00:04:39: Also
00:04:39: so Stroh für Refrain
00:04:40: oder Schienenwärse.
00:04:42: So
00:04:42: ist es.
00:04:42: Und so ist es ja auch hier und es hat ja auch... mehrere Strohwörter, zwei Strophen und ist also ein richtiges Lied.
00:04:52: Das ist fast realistisch.
00:04:53: Also die wirklich die Männer um den Finger, indem sie ein Lied sinkt.
00:04:58: Das ist ja nicht so ungewöhnlich.
00:05:00: In der Oper jetzt oder im echten
00:05:01: Leben.
00:05:01: Und noch vielleicht auch im wirklichen Leben.
00:05:03: Also wir wissen ja nicht, wie es zugeht.
00:05:05: In den Wirtshäusern, in Sevilla.
00:05:08: Sie lockt ja auch den Offizier, den sie dann... Er ruiniert letztendlich, weil er ihr total verfällt.
00:05:15: Sie lockt ihn ja auch vor, die Tore von Sevilla zum Lila Spastia.
00:05:19: Das ist also so eine Spelunke, wo sie residiert quasi mit ihren Schmugglerkollegen und so.
00:05:26: Also der arme Mensch, der Don José, der landet da in einem wirklich Sinistrennen.
00:05:32: Ambiente, dass ihn halt da einfach runterzieht.
00:05:35: und der lockvogel, der rebellische Vogel ist die Kärmen.
00:05:41: Und natürlich auch in dieser Schenke des Lilas Bastia wird er auch gesungen.
00:05:45: Da werden auch Tanzlieder gesungen und da wird verführt mit den Mitteln der Musik.
00:05:52: Also so ungewöhnlich, dass mein Liebeslied singt, ist das ja auch im wirklichen Leben nicht.
00:05:56: Also heute vielleicht schon, aber seinerzeit war das wirklich.
00:06:01: durchaus so üblich.
00:06:02: Und das kommt da ganz realistisch auf die Bühne.
00:06:07: Carmen singt ja nicht nur diese Abanera im ersten Akt, sondern am Ende des ersten Akts.
00:06:14: Die wirkliche Verführungszene dann ist eine Segidilia.
00:06:17: Das ist auch wiederum ein Tanz, ein Tanzlied.
00:06:33: Ja, Tanznummer ist
00:07:04: schon ein gutes Stichwort, weil eine Abanera an sich ist ja auch ein Tanz.
00:07:51: Ja.
00:07:52: Zuerst einmal ein Tanz, zu dem auch gesungen wird.
00:07:54: Und das ist ja nun gar nicht ungewöhnlich.
00:07:56: Also in den südlichen Ländern wird geclatscht, gesungen, getanzt.
00:08:03: Das ist eine Einheit.
00:08:05: Okay.
00:08:05: Hier habe ich ein bisschen schlau gemacht.
00:08:07: Ein Tanz aus Kuba, im neunzehnten Jahrhundert entstanden und aber näherer... bedeutet auch schlicht aus Havana stammend.
00:08:14: Also es kommt aus Havana und du weißt auch mehr darüber wie diese Rhythmen entstanden sind oder und was so typisch ist für diesen, für diesen Tanzstil.
00:08:24: Also typisch würde ich sagen jeder von uns weiß was ein Tango ist und das ist ganz verwandt.
00:08:28: Das ist ja auch im Rhythmus sehr verwandt.
00:08:39: Und das sind verwandte Tänze.
00:08:41: Wobei man sagen muss, ja, es kam aus Havana, über Spanien nach Europa zurück, denn tatsächlich war Havana damals eine spanische Kolonie und die haben zunächst einmal importiert Dinge aus Europa.
00:08:58: Und witzigerweise musikhistorisch betrachtet basiert die Havana auf einem englischen Tanzlied.
00:09:08: Das ist über Spanien dort hingekommen, wurde natürlich temperamentvoll südamerikanisch oder mittlamerikanisch aufgeladen, rhythmisch.
00:09:16: Auch
00:09:17: mit afro-kubanischen Rhythmen?
00:09:18: Absolut.
00:09:19: Nicht?
00:09:19: Also das ist ja dann eine Riesenmelange, so ist ja letztendlich auch der Jazz entstanden und alle diese Mischfarmen und kam dann als typisches kubanisches Tanzlied zurück und hat Europa zurückgehoben.
00:09:33: Also so wie bis eh es verwendet.
00:09:35: ist es schon ein kubanischer Tanz.
00:09:38: Und zwar von allen ganz klar, der Schiffrierbar, das ist eine, wie die Franzosen gesagt haben, Avanese.
00:09:45: Also das, was wir, Avanera, also der Tanz aus Havana ist eine Avanese.
00:09:52: Gibt es übrigens von filmfranzösischen Komponisten?
00:09:55: Ja, das wollte ich dich fragen.
00:09:56: Gibt es noch andere Nummern in der klassischen Musik, die von einer Avanera inspiriert sind?
00:10:01: Oder einfach eine... Regelrechte Abaneras sind?
00:10:04: Ja,
00:10:04: absolut.
00:10:05: Also zum Beispiel bei Maurice Ravel, der hat eine Rhapsodia Español geschrieben.
00:10:11: Also für den ist das schon sozusagen spanisch.
00:10:14: Und da gibt es eine Abanera.
00:11:01: Also da zieht sich diese ... beim Rhythmus durch, es ist natürlich hier sehr stylisiert.
00:11:07: Ja,
00:11:07: ich würde sagen, es ist schon sehr subtil.
00:11:09: Ich hätte diese Verwandtschaft nicht gleich erkannt.
00:11:11: Nicht
00:11:11: gleich, aber es ist, also es ist eine Avanära und eine Avanäe, es gibt es auch von Camissa Sans, der ein virtroses Stück für Violine und Orchester geschrieben hat, das mit so einem gubanischen Tanz beginnt.
00:11:26: Da ist es vielleicht viel deutlicher als bei Ravel.
00:12:13: Also am Bass sofort zu... Das hast du ein verführerisches
00:12:21: Aneinanderrand schreiten.
00:12:23: Ja, und das ist ja auch gemeint.
00:12:25: Ich meine, warum sinkt denn die Carmen, die Verführerin, schlechthin genau ein solches Tanzlied, eben weil das sofort konnotiert wird mit Verführung und mit um den Finger wickeln?
00:12:36: Gar keine Frage.
00:12:37: Ja, warum sinkt sie es?
00:12:38: Also wie ist es dazu gekommen, dass ein kubanischer Tanz in eine französische Oper hinein findet, die in Spanien spielt?
00:12:47: Die Geschichte ist viel komplizierter, als du mit dieser klugen Frage jetzt vielleicht angedeutet hättest.
00:12:54: Danke, dass
00:12:54: du mir eine Frage als klug bezüglich
00:12:56: bist.
00:12:56: Die Frage ist ja wirklich berechtigt und tatsächlich, dass die Liebe ein rebellischer Vogel ist, das hatte bisher knapp vor der Uraufführung ganz anders komponiert.
00:14:41: Liebe Katrin, beantwortet sich auch deine Frage von vorhin, was ist denn der Unterschied zwischen einer Aarie und einem Lied?
00:14:47: Das ist eine Aarie.
00:14:48: Das ist eine Aarie.
00:14:49: Relativ kompliziert, kann man nicht gleich nachsingen.
00:14:52: Und war den Produzenten der Karmen-Uhraufführung schlicht und einfach viel zu kompliziert?
00:15:00: Das war kein Urwurm.
00:15:03: Daraufhin hat Bisey gesagt, gut, dann schmeißt man's raus und ich mach was Neues.
00:15:07: Sehr pragmatisch, der Herr Bisey.
00:15:09: Die Geschichte ist Aarie.
00:15:10: noch nicht aus.
00:15:12: Er fand eine Abanera, die aber nicht er komponiert hat, sondern ein Komponist namens Iradie.
00:15:56: Okay,
00:16:51: also wir haben es mit einem Cover zu tun.
00:16:53: Genau so würde man das heute nennen.
00:16:56: André wird sagen, er hat es schlicht und einfach geklaut.
00:16:59: Nur, er hat es natürlich auf raffinierte Weise frisiert.
00:17:04: Man hört sofort, also die Anfangsmelodie, die sie grammatisch abscheiden, das ist das Gleiche und der Refrain quasi ist auch dasselbe.
00:17:12: Nur bei Bisey ist er ein bisschen raffinierter ausgeformt.
00:17:17: Jetzt muss man dazu sagen,
00:17:19: dass,
00:17:20: was wir gerade gehört haben, ihr Radier, oder wie immer man ihn ausspricht, das ist ganz schwierig, der war ein Basket, der war in Havana und hat diese Art von Musik von dort mitgebracht.
00:17:32: Berühmt das die Lied von ihm?
00:17:34: kennen wirklich alle, das ist La Paloma.
00:18:06: La
00:18:48: Paloma, ein Lied, das viele gekavert haben, hier jetzt Freddie Quinn.
00:18:52: Mit unterschiedlichsten Texten auch, aber das ist, die Grundlage dessen, ist auch eine Avanera.
00:18:59: Und also der war der Mann, ihrer Dir, der Komponist, war der Mann, der das quasi in Europa salonfähig gemacht hat.
00:19:09: Und die Avanera, die Pisee übernommen hat, war fast genauso populär wie La Paloma.
00:19:15: Das heißt, es hat jeder erkannt sofort, der in der Opa gewesen ist, was diese Kärmen da singt.
00:19:23: Hat das halt zitiert, hat dieses berühmte Lied gesungen.
00:19:26: Für uns heute ist es ja umgekehrt, weil wir sagen ja, das klingt noch Kärmen.
00:19:30: Es ist aber, es stimmt aber nicht, das klingt diese Kärmen, klingt nach Ihrer Diehe.
00:19:35: Und hat der das überhaupt selbst komponiert?
00:19:37: oder hat er das auf den Straßen von Havana aufgegriffen?
00:19:40: Gute Frage, werden wir nie erfahren.
00:19:42: Nicht, weil mittlerweile, wenn es in Havana gesungen wird, dann ist es ein Cover von dem, was daraus geworden
00:19:48: ist.
00:19:48: In Havana wird auch Carmen gesungen.
00:19:51: Okay, und
00:19:52: dann?
00:19:53: Dann war die Carmen trotz der Reinnahme, es gab dann noch eine zweite Korrektur, die Pisee vorgenommen hat vor der Euroführung, und trotzdem war es ein eklatanter Miserfolg.
00:20:06: Und Pisee, der ein paar Wochen später gestorben ist, hat nicht erlebt, dass die Carmen wahrscheinlich eine der fünf erfolgreichsten Opern der ganzen Musikgeschichte geworden ist.
00:20:18: größten Melodiker, die wir gehabt haben, nur dass er die Abonniere nicht selber erfunden hat.
00:20:24: Sag ich auch bitte, oder?
00:20:25: Dass seine berühmte Melodiker nicht von ihm war.
00:20:28: Nicht
00:20:28: ihm, ja.
00:20:29: Aber... Was war denn von ihm?
00:20:31: Naja, alles andere.
00:20:32: Ich meine, alles andere in der Kamen ist sehr wohl von bisher.
00:20:34: Was
00:20:35: wäre so die zweite berühmte Melodiker?
00:20:37: Das
00:20:37: Torero-Lied auf in den Kampf Torero kennt ja auch jeder.
00:21:04: Ah, okay, das kenne ich eh.
00:21:15: Das wäre auch so eine.
00:21:16: taktlos zu kommen.
00:21:17: Das kennt man.
00:21:19: Okay, das ist auch aus Karmen.
00:21:21: Und wenn man jetzt schon so tief in Karmen eingetaucht sind, wäre jetzt vermutlich ein guter Moment, um einen kurzen Abriss der Opernhandlung vorzunehmen.
00:21:30: Ja, so wie gesagt, die Karmen wickelt alle um den Finger und dann für sie ist also eines ihrer.
00:21:36: Opfer, der verzichtet auf seinen militärischen Rang und seine militärische Karriere und versinkt ganz in dieser Schmugglerszene und wird aber dann ausgedrückt vom Torreador, also vom Torreiro, vom Escamillo, der dieses auf in den Kampf Torreiro sinkt.
00:21:55: Und der will auch was von der Kamen?
00:21:56: Der
00:21:56: will ganz dringend auch was von der Kamen und sie will auch was von ihm und lässt den Don Jose cool lächeln fallen.
00:22:03: zu dem.
00:22:04: entpuppt sich der Don José in den Augen der beinharten Schmuggler als Muttersöhnchen, weil die zweite Frauenfigur, das ist die blonde Fromme Michaela, die holt ihn aus der Schmugglerszene raus, weil die Mama liegt im Sterben.
00:22:21: Und unter den höhnischen Blicken aller geht er natürlich zur Mama.
00:22:25: Will aber dann die Kamen wieder zurückholen und die sagt also... No way, das kommt
00:22:31: überhaupt nicht.
00:22:32: Die hat eigentlich gar kein Interesse an ihn.
00:22:33: Gar kein
00:22:34: Interesse mehr.
00:22:35: Gibt ihn den Ring zurück, den er geschenkt hat und daraufhin ersticht, dass sie ... Sie geht in diese Falle.
00:22:42: Sie wird keinen anderen mehr haben, denn das Ganze endet blutig.
00:22:47: Don Jose kann schlecht mit Zurückweisung umgehen.
00:22:49: Offensichtlich.
00:22:51: Das ist also eine ganz ... tragische Handlung.
00:22:54: natürlich unglaublich populär geworden, weil also Bühnenmord ist, wenn er so effektvoll inszeniert wird wie in diesem Fall, ist immer etwas, was einem im Gedächtnis bleibt noch dazu, wenn es skaniert ist mit so ins orgeenden Melodien.
00:23:12: Apropos, der Rhythmus der Abonniere ist relativ rasch.
00:23:19: Ein paar Jahrzehnten so eng verflochten mit dem Namen der Kärmen in der Opernszene, dass, wenn immer der erklingt, hat jeder Opernfreund, der das ein paar Mal gehört hat, und das sind die meisten, sofort die Assoziation Kärmen.
00:23:37: Und jetzt macht ein der Komponisten der neuen Wiener Schule, nämlich Alban Berg, in seiner Lulu
00:23:44: Auch eine Oper.
00:23:45: Auch eine Oper, vom Wedekind, auch die verführerische Frau schlechthin, an der alle Kleben bleiben und die am Schluss in den Armen von Jack the Ripper stirbt.
00:23:58: Weil er sie ersticht.
00:24:00: Interessante Parallele.
00:24:01: Ich seh da ein Muster von stochenden Frauen in der Oper.
00:24:04: Absolut.
00:24:05: Vielleicht wäre das mal ein eigenes Thema.
00:24:07: Das wäre
00:24:07: auch ein Thema.
00:24:08: Aber dass diese Assoziation, Die Lulu in dem Fall ihren Mörder umgarnt, dass er doch da bleiben möge.
00:24:22: Und der ersticht sie dann, das unterlegt Berg unverkennbar mit dem Abonnierer.
00:24:30: Das heißt, es ist schon so eine Art Schiffrae geworden.
00:24:32: Wenn man diesen Rhythmus hört, weiß man, da kommt jetzt ein Mord.
00:24:35: Da wird jetzt ein Mann zum Mörder.
00:24:37: Ja, das kann sein.
00:24:39: Also jedenfalls war es vom Berg so gedacht
00:24:41: und
00:24:42: wird auch sofort so deschiffriert.
00:25:02: Da geht es jetzt natürlich nur um diesen Rhythmus, der aber so charakteristisch ist, dass wahrscheinlich jeder die richtige Association hat.
00:25:08: Ich finde das schon spannend und auch irgendwie arg.
00:25:11: Da haben wir einen Text, in dem eine Frau eigentlich nichts anderes macht, als ihre Freiheit besinkt.
00:25:16: Ich habe da auch den Text vorliegen, die Liebe ist ein wilder Vogel, denn kein Mensch jemals zähmen kann, kein Schmeicheln hilft und keine Wut.
00:25:23: Also im Grunde besinkt sie, dass die Liebe nicht erzwingbar ist.
00:25:29: Und was ja auch ein Zeichen dafür ist so... Du kannst mich nicht haben, nur weil du mich haben willst.
00:25:34: Also sie besinkt ihre Freiheit.
00:25:37: Und sie bezahlt diese Freiheit.
00:25:38: Genau.
00:25:39: Und dann wird dieses Lied zur Ankündigung ihres eigenen Morts.
00:25:43: Also im Grunde wird sie dafür bestraft für ihren Freiheitsdrang.
00:25:47: Absolut.
00:25:48: In einer Macho-Welt ist sowas nicht vorgesehen.
00:25:52: Also eigentlich sagt das relativ viel auch über unsere heutige Welt immer
00:25:55: noch aus.
00:25:55: Ja, es ist ja interessant die Parallele zur Lulu, die ja auch so eine Figur ist, die sich überhaupt nicht fassen lässt.
00:26:03: Und die von allen Männern begehrt wird und worum auf der Bühne das Gefühl hat, da sind viele da, die sie vielleicht auch schon besessen haben oder vielleicht das nur wollten oder nur so tun, als ob damit sie von den anderen besser dastehen, kann man alles nicht sagen.
00:26:19: Und am Schluss... wird sie das Opfer eines Massenmörders.
00:26:22: Also sie steigt hoch hinauf gesellschaftlich und fällt dann ganz, ganz, ganz tief und endet unter dem Messer eines Massenmörders.
00:26:33: Wenn es diese Handlungsentwicklung in Opern so oft gibt und wenn die Opern auch meistens von Männern komponiert worden sind, was ist dein Eindruck?
00:26:43: Wird das in diesen Opern auch... kommentiert, kritisiert, wird damit auch etwas aufgezeigt oder wird das einfach als Normalität betrachtet?
00:26:52: und so laufen die Dinge?
00:26:55: Naja, als Normalität betrachtet man es nicht, wenn einer jemanden anderen absticht.
00:26:59: Also, wirst du, ob das jetzt, wie man das heute sagen würde, ein Femizid ist oder auch wenn die Tosca den Barons Capia absticht, der wirklich ein Widerling ist.
00:27:08: Ja, da haben wir den ungekehrten
00:27:09: Fall.
00:27:10: Da haben wir den ungekehrten Fall.
00:27:11: Und das ist ja ein Moment, wo sich jeder ertappt oder im Schluss einer viel gespielten Oberfrühe, Tiefland von Jean Dalbert heute aus dem Repertoire verschwunden, aber da ist auch so ein Fiesling, der sich auch die Frauen beibigt, wie er will, weil er sozial höher gestellt ist und der wird von dem armen Hirten, der die Frau um das geht, wirklich liebt, der wird von dem kaltblütig, aber schon im Kampf sozusagen auf Augenhöhe, also jetzt schauen wir, wer da stärker ist.
00:27:45: Der bringt den um.
00:27:46: Und der hat sich aber so fies benommen vorher, dass man sich dabei ertappt im Zuschauerraum.
00:27:52: Und dasselbe gilt ja, wenn die Tosca den Scapia absticht, der sich auch so fies benommen hat.
00:27:57: Man ertappt sich dabei, dass diese Art von Lynch Justiz, dass man das nahezu als Befriedigung empfindet.
00:28:04: Das ist das, was die Kunst kann.
00:28:05: Weil
00:28:06: da die Guten gewinnen.
00:28:07: Und wie ist es bei Carmen?
00:28:08: Wie kommt Don Jose am Ende weg?
00:28:10: Er ist ein armer Hund.
00:28:13: Er bricht ja Weinen zusammen und sagt, ihr könnt mich abführen, ich hab sie getötet.
00:28:18: Der bricht über ihr zusammenes Leben ist aus, für den auch natürlich.
00:28:22: Aber hätte sie ja nicht umbringen müssen.
00:28:25: Natürlich hätte er nicht müssen.
00:28:26: Nein, nein, aber das ist ja das Irre an dieser Handlung, dass das sich so zuspitzt und sie ihm so kalt gegenübersteht und sagt, aus, es ist Cephine.
00:28:38: Und das hält er nicht aus.
00:28:40: Und sie rennt ihm ja fast ins Messer.
00:28:45: Sie können sie ja umdrehen und davon rennen.
00:28:47: Das macht sie aber nicht.
00:28:47: Dazu ist es zu stolz.
00:28:49: Weil sie hat ja ihre Freiheit und sie sagt, ich sage dir jetzt, nein.
00:28:53: Und sie ist sogar so frei, dass sie dafür in den Dort geht.
00:28:57: Also im Grunde geht es in Kamen um eine freiheitsliebende Frau in einer Welt, in der sie diese Freiheit nicht haben kann.
00:29:04: Genau, genau das ist es.
00:29:07: sind wir auf einer tragischen Note angekommen.
00:29:11: Können wir diese Folge noch irgendwie
00:29:13: beschwingt, geschmeidig
00:29:16: zu Ende bringen?
00:29:17: Wir können natürlich jetzt nicht so tragisch aufhören, weil es geht ja um die Avanera und da ist sie ja ganz die freie selbstbestimmte Frau.
00:29:26: Als die sie in Erinnerung bleiben sollte.
00:29:28: Als sie bleibt sie uns zumindest in dieser Instant-Folge von Klassik für taktlose.
00:29:33: bleibt sie uns als solche in Erinnerung mit einer Dreh- und Fallnummer, die sie am Beginn des zweiten Akts singt, so genannt.
00:29:41: Das ist so eine Art ... Wir haben schon mal eine Folge über den Polärer von Ravel gemacht.
00:29:45: Das ist so eine Art Polärer.
00:29:46: Ich bin jeder Strophe lauter und schneller.
00:29:50: Und wir blenden uns jetzt dahinein und lassen uns mitreißen von diesem spanischen
00:29:55: Rausch.
00:29:56: Danke fürs dabei sein.
00:32:38: Wiederhören.
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