Wer war Haydn?
Shownotes
Drei Komponisten bilden zusammen das Triumvirat der Wiener Klassik: Mozart, Beethoven und Haydn. Die beiden ersteren sind in aller Ohren, der dritte geht oft unter. Dabei hat Joseph Haydn quasi im Alleingang die Symphonie und das Streichquartett erfunden, Mozart und Beethoven den Weg gezeigt und die Klassik überhaupt erst begründet! In dieser Folge von „Klassik für Taktlose“ erforschen Katrin Nussmayr und Wilhelm Sinkovicz also, was Haydn angetrieben hat, was man von ihm gehört haben muss – und wie man mit einem kleinen Trick leicht erkennen kann, ob eine Melodie von Haydn stammt.
Über den Podcast In „Klassik für Taktlose“ ergründen „Die Presse“-Feuilleton-Redakteurin Katrin Nussmayr und Klassikkritiker Wilhelm Sinkovicz gemeinsam die Welt der klassischen Musik: Braucht jedes Orchester einen Dirigenten? Warum verstört Richard Wagner so? Was war an Mozart eigentlich so toll? Wie viel Klassik steckt in „Bohemian Rhapsody“ oder Taylor Swift? Für musikalische Einsteiger und Klassik-Freunde, die’s ein wenig genauer wissen wollen.
Produktion: Wilhelm Sinkovicz / www.sinkothek.at Audio-Finish: Georg Gfrerer / www.audio-funnel.com.
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00:00:00: "Lieber Willi, wir schließen jetzt einen Kreis oder besser gesagt ein Dreieck, weil es
00:00:26: gibt ja das heilige Triomvirat der Wiener Klassik, Mozart, Beethoven und Haydn, die Komponisten
00:00:32: der Wiener Klassik, also der klassischsten Erder der klassischen Musik. Und über Mozart und Beethoven
00:00:38: haben wir viel erzählt, aber über Haydn noch fast nix. Und das ist wieder ganz typisch.
00:00:43: Und hat schon zu Lebzeiten, hat man gesagt, Papa Haydn, das klingt sehr niedlich. Er war
00:00:48: überhaupt nicht niedlich, ganz und gar nicht. Aber er war der Papa, das ist gar keine Frage.
00:00:52: Er war Jahrgang 1732, also fast 40 Jahre älter als Beethoven. Und immerhin, Mozart ist in der
00:00:59: Mitte drin, 1756 geboren. Haydn hat alles erfunden. Es stimmt nicht ganz, aber fast,
00:01:06: im Grunde ist es richtig. Und die anderen beiden haben zum Teil Seite an Seite mit Haydn die Dinge
00:01:13: dann aufgenommen und vervollkommnet. Stimmt auch nicht ganz, aber im Grunde richtig. Und da ist etwas
00:01:21: entstanden, was wir bis heute, wie du sagst, als Wiener Klassik bezeichnen. Und das gehört nach
00:01:26: allgemeiner Anschauung zum Nabel dessen, was wir klassische Musik nennen. Also was wir Musik,
00:01:33: europäische Kunstmusik nennen. Das heißt, Haydn hat die Klassik erfunden, aber er wird ständig
00:01:39: vergessen. So ist es. Er spürt wieder nicht. Man weiß bis heute, wer Josef Haydn war. Also das,
00:01:45: was du sagst, Haydn, Mozart, Beethoven, das Triomvirat der Wiener Klassik. Wir alle können
00:01:51: sofort irgendetwas von Mozart, die kleinen Nachtmusik. Wir können sofort freudische
00:01:55: Götterfunken von Beethoven singen, freut jedem sofort ein. Was freut uns eigentlich ein,
00:01:59: wenn es um Haydn geht? Mir fällt tatsächlich eine Sache ein. Aber nur weil wir sie hier im Podcast
00:02:04: schon mindestens einmal erwähnt haben, nämlich die alte Kaiserhymne. Ich wollte ja eh sagen,
00:02:09: ich wollte ja mal kurz meinen Halbwissen über Haydn präsentieren, damit du das dann vervollkommen
00:02:13: hast. Er gehört zu diesen drei mächtigen Komponisten der Klassik. Dann weiß ich, dass er irgendwelche
00:02:22: Verbindungen ins Burgenland und zur Adelsfamilie Estherhasi hat. Da gibt es auch so Festivals
00:02:27: immer noch. Und da gibt es, das war irgendwie wichtig, glaube ich. Und dann gibt es diese Haydn-Hymne.
00:02:33: Also die Melodie der alten Kaiserhymne, der Habsburger Mann nach hier. Das war er damals Gott,
00:02:39: der alte Franz den Kaiser. Und das wurde dann immer umgedichtet, je nachdem, welcher
00:02:43: Kaiser grad an der Macht war, oder? Und dann später wurde die selbe Melodie für die deutsche
00:02:48: Nationalhymne verwendet. Und da heißt jetzt Einigkeit und Recht und Freiheit. Das heute, ja. Genau. Also
00:02:54: das ist die eine Melodie von Haydn, die ich kenne. Aber ich glaube, ich könnte tatsächlich jetzt
00:02:57: bewusst keine andere Dir nennen. Das glaube ich. Welches sollte ich denn kennen? Es gibt sehr viele
00:03:04: Bewerbendern, dass sie sicher, dass eine oder andere Anspielen. Haydn war Weltmeister im Erfinden
00:03:11: von Melodien, die wie Volkslieder klingen und die wie das Kaiserlied natürlich zu Volksliedern
00:03:18: dann geworden sind, die aber definitiv von ihm komponiert wurden. Bisschen so wie bei Mozart,
00:03:23: Zauberflöte, das sind auch, die sind Lieder im Volksliedrang. Aber sie sind definitiv komponiert.
00:03:32: Und Haydn, da gibt es eine Wechselwirkung. Er hat geschöpft, und zwar aus dem vollen
00:03:37: Geschöpft aus der Volksmusik seiner näheren Umgebung. Und du hast schon gesagt, der Burgenland war
00:03:42: wichtig. In Geboren in Rohrau, heutigen Niederösterreich, dort sozialisiert mit den Liedern,
00:03:52: die die Bauern gesungen haben, mit den Liedern, die man in der Kirche gesungen hat. Ganz wichtig für
00:03:57: alle Musiker der damaligen Zeit die Kirchenmusik. Und hineingewachsen durch seine Anstellung an
00:04:06: Adelshöfen, zuerst beim Grafen Moazin, dann bei Fürst Estherhase, wo er zum Hofkabelmeister
00:04:15: aufstieg und sich wirklich von der Picke auf hochgedient hat. Er war jetzt erst Vizekabelmeister
00:04:21: an der Seite eines älteren Komponisten. Und dann wurde er zum Hofkabelmeister bei Estherhase.
00:04:29: Das war etwas. Ich meine, Estherhase war im ungerischen Reichshälfte der führende Fürst. Der
00:04:38: konnte auf Augenhöhe mit dem Kaiser verkehren oder mit der Kaiserin. Und der hatte natürlich eine
00:04:45: enorme Kapelle. Der hatte ein eigenes Theater, wo heute ein Kapellemeister war und das, was man
00:04:53: immer vergisst. Er hat viele, viele Jahre seines Lebens, vor allem als Kapellemeister dieses
00:05:00: fürstlichen Theaters in Estherhase, knapp über der Grenze in Ungarn, hat er als Theaterkapellemeister
00:05:09: gewirkt. Das heißt, er hat sich einen wichtigen Teil seines Lebens, vor allem einmal mit Opa
00:05:13: beschäftigt, hat Opa komponiert, Opa fremder Komponisten einstudiert und aufgeführt, war daher
00:05:19: immer bestens informiert, was ringsum an anderen Fürstenhöfen und in anderen Städten passiert.
00:05:25: Andererseits hat er gesagt, ich war ja immer da in der Einöde, so musste ich original werden.
00:05:31: Das ist ein Zitat von von Haydn. Das heißt, er musste sich ja zwar die Partituren von allen
00:05:36: Zeiten bekommen, aber er musste sich seinen Reim drauf machen und er hat sich einen Reim drauf
00:05:41: gemacht, wie kein anderer seiner Generation konnte und so ist er der große Josef Haydn
00:05:46: geworden, der aus dem kleinen Estherhase heraus, Estherhase, es hat natürlich auch ein Palet in
00:05:51: Wien, wo er dann auch musiziert hat, ein weltbekannter Komponist geworden, in Jahrzehntelanger
00:05:56: Aufbau habe. Das komische ist, dass wir reden vom Opa und Kapellemeister Haydn. Das hat heute
00:06:01: keine Relevanz mehr in Wirklichkeit. Was für uns wesentlich ist, wenn wir sagen, er hat die
00:06:08: Klassik erfunden, Haydn war der Erfinder der Symphonie und der Erfinder des Streichquartetts,
00:06:14: also der beiden Hauptgattungen, wie wir sie heute kennen und wie sie grundlegend wurden für zumindest
00:06:21: eineinhalb Jahrhunderte der Entwicklung der sogenannten klassischen Musik, also der europäischen
00:06:27: Kunstmusik. Natürlich ist das nicht ganz richtig, weil natürlich gab es vor Haydn Symphonien,
00:06:33: gab es vor Haydn Streichquartette, aber so wie wir sie kennen, als die grundlegenden musikalischen
00:06:37: Formen hat, definitiv Haydn sie entwickelt und da konnten Mozart und Beethoven anknüpfen und seit
00:06:44: damals kommt niemand um diese drei Komponisten herum und Haydn war die grundlegende Figur und
00:06:53: dann letztlich auch, obwohl es da große Reibereien gegeben hat, war er ja auch der Lehrer von
00:06:58: Beethoven und ein väterlicher Freund von Mozart, den er selber, dem Papa von Mozart gegenüber als
00:07:06: den größten Komponisten bezeichnet hat, den er je kennen gelernt hat. Ich würde dann jetzt hören,
00:07:11: wir mal ein bisschen Haydn.
00:07:36: Das Finale, das Symphoniennummer 88, da sieht man schon, wie viel der Komponier hat. Wir haben
00:07:46: 104 Erhalterne, also mit Nummern versehenes Symphonien, die wir noch alle spielen könnten.
00:07:53: Im Vergleich mal kurz, die anderen Komponisten, die wir hier schon behandelt haben, die haben dann
00:07:58: oft nur zehn Symphonien, oder? Ja, Beethoven 9 und das ist dann schon eine stattliche Zahl,
00:08:03: weil Brahms Schumann jeweils nur mehr vier, Brugner hat neun noch zustande gebracht, Mahler
00:08:08: sogar neun und ein halb oder zehn und ein halb, wenn man das Lied von Erde dazu rechnet, aber es
00:08:13: ist also deutlich weniger geworden. Und Halben über 100, eine Symphonienmaschine. Ja, und eben
00:08:19: nein, das Irre ist, das war die Symphonie, geboren aus der Gebrauchsmusik, das war halt
00:08:27: Unterhaltungsmusik, wie man sie komponiert hat und da muss man sich eben vorstellen,
00:08:30: da nicht nur der Fürst Eszter hat sie, sondern jeder bessere Graf von den Fürsten gar nicht zu
00:08:35: reden, hatte seine Kapelle und die haben gespielt, wenn Gäste kamen, die haben gespielt zum Abendessen,
00:08:42: die haben gespielt in den Theatern und so weiter und da, das war ein reger Betrieb von
00:08:47: außerordentlich ausgebildeten Musikern, die waren hervorragend natürlich, waren ganz tolle
00:08:52: Musiker drinnen und die haben ja auch nichts anders zu tunken, die haben den ganzen Tag geübt,
00:08:56: geprobt, gearbeitet, um dann eben etwas präsentieren zu können und das war Gebrauchsmusik. Aber
00:09:03: Heiden hätte sich unendlich gelangweilt, wenn er so nach Schema F alles immer abgeliefert hätte,
00:09:09: wie die weniger talentierten Komponisten seiner Zeit, die natürlich Rauf- und Runtersympfonien
00:09:13: geschrieben haben, oder Serenaden oder Divertimenti oder wie das Zeugs alles heißt und er hat das
00:09:20: alles auch geschrieben, nur es wäre ihm langweilig gewesen, dass einfach so nach Schema F herunter
00:09:26: zu arbeiten und er hat für nahezu jedes Stück, ich glaube, es gibt kaum eine Symphonie oder ein
00:09:32: Streichquartett oder ein Klaviertrio oder ein Divertiment von Heiden, wo nicht zumindest
00:09:37: ein, zwei Dinge drinnen sind, wo man aus der Lethargie sofort wieder aufwacht und sagt ja,
00:09:42: das klingt so wie heute ein Divertiment oder eine Symphonie klingt, wo er uns überrascht und das
00:09:48: war seine unglaubliche Stärke, dass er originell war, dass er witz hatte, dass er Gefühl transportieren
00:09:56: konnte und dass er einem einfach so wie wir jetzt gerade gehört haben, Freude gemacht. Das hört
00:10:03: man gern, das zwingt man gern mit und da kann man sich vorstellen, dass du fürst gesagt hast,
00:10:08: Spieler, das nochmal, weil das will man einfach gleich noch einmal hören. Und dazu ist es einfach
00:10:14: nicht, es wirkt wie ein Volkslied, ist aber keines, sondern ist aus dem Geister Volksmusik
00:10:19: geschöpft, das war seine allergrößte Stärke, also aus dem Boden seiner Musik geschöpft und das aber
00:10:26: kunstvollst verarbeitet hat. Denn auch aus diesem simplen, scheinbar so simplen Thema, macht er ja
00:10:32: was, er entwickelt es weiter, er spielt dann mit Ping Pong sozusagen, kommt dann irgendwie zurück,
00:10:36: dann muss er mal hören, wie mit was für einen unglaublichen Trick diese Melodie am Ende dieses
00:10:43: Satzes zurückkommt. Da bleibt aus der Musik irgendwie stehen mit diesem Pappapapa und plötzlich ist das Thema wieder da.
00:10:56: Also man fällt einfach in diese Musik wieder zurück, also das hat Witz, das hat Schirm, das ist
00:11:16: wie wenn dich einer anschaut und so ein bisschen anzwingt. In der Vorbereitung ist mir untergekommen,
00:11:21: die sogenannte Paukenschlag-Symphonie. Was hat das damit auf sich? Wie gesagt, er war immer für
00:11:29: Überraschungen gut. Und in der Paukenschlag-Symphonie, das ist eine der sogenannten Londoner
00:11:35: Symphonien, das sind die letzten zwölf Symphonien, die er wirklich, da habe ich es ja zwei Mal nach
00:11:39: London gereist, das hieß ja wirklich etwas. Damals, hat dort längere, also viele Monate
00:11:46: dann jeweils war er in London und hat dort jeweils sechs neue Symphonien, also insgesamt gibt es eben
00:11:51: zwölf präsentiert und da sind hunderte solche Sachen drinnen. In jedem Satz ist irgendein
00:11:57: Überraschungsmoment und das ist der berühmterste, denn da ist auch so eine ganz einfache Melodie,
00:12:05: die gespielt wird, dann wird sie ein bisschen leiser wiederholt und dann kläscht das ganze
00:12:10: Orchester mit der Pauke hinein. Also alle die da eingelaufen sind, so getalte Witz sind sofort
00:12:17: wieder aufgewacht, die Leute waren wach, also da bin ich ganz sicher, aber sie sind trotzdem und
00:12:21: bis heute fahren die Leute zusammen, obwohl sie ja wissen, dass da die Paukenschlag-Symphonie gespielt wird.
00:12:47: Das war der Paukenschlag. Das war der berühmte Paukenschlag und natürlich, es bleibt nicht
00:13:12: dabei, wenn das ist wie ein Kinderlied. Man kommt plötzlich dieser Kläsch und dann schreibt er über
00:13:19: dieses Thema mehrere Variationen und gleich in der ersten Variation macht er sich über diesen
00:13:25: Paukenschlag schon lustig und bindet ihn sozusagen mehrfach in diese Variationen ein.
00:13:31: Und auch in weiteren Variationen kommen dann immer diese fortisimo Schläge, aber immer dort, wo man sie
00:13:43: nicht erwartet. Also er spielt mit uns, mit unseren Hörerwartungen, seinen eigenen Spaß an der Freude.
00:13:48: Finde ich lustig, dass, wie du vorhin gesagt hast, andere Komponisten in ihrer ganzen
00:13:53: Lebenszeit neuen Symphonien zustande bringen und Haydn schreibt auf Dienstreise 12. Ja, quasi auf
00:13:59: Dienstreise. Ja, gehen wir kurz seinen Lebensweg durch wie er von Rohrau in Niederösterreich über
00:14:06: seine Esterhasiade dann in London gelandet ist. Also was ist da passiert? Nein, das Wichtige ist,
00:14:13: zuerst kam er einmal, weil er musikalisch war und das hat man damals entdeckt, kam er als
00:14:20: Kapelknabe nach Wien, also quasi war es Sängerknabe in Wien, dem Stimmbruch sofort entfernt worden
00:14:27: und musste schauen, wie er durchkommt und hat bei dem damals sehr berühmten Komponisten Nikola
00:14:33: Borbora, einer der wichtigsten Opernkomponisten der damaligen Zeit, hat er sich verdient.
00:14:38: Da war er der Laufbusche, dem hat er die Schub putzen müssen, das Essen bringen müssen und hat
00:14:43: dafür auch Musik unterricht. Und hat bei dem wahnsinnig viel gelernt. Übrigens kann man schauen,
00:14:50: das war, wenn man vor der Michaela-Kirche steht, linker Hand, das Haus am Kohlmarkt, da ist,
00:14:57: glaube ich, sogar eine Gedenktafel und da in der Dachstube war der Heiden seine erste,
00:15:01: als Bursche, als Teenager, seine ersten Sporen sich verdient als Laufbusche des Herrn Borbora.
00:15:08: Und dann hat er Anstellungen bekommen, er war und anderen war er beim Grafen Mordzin,
00:15:13: böhmischer Adeliger, und kam dann als Witzig-Kapellmeister zu Estherhase und dort ist er jahrzehntelang
00:15:21: geblieben. Da war der Fürst Nikolaus der Prächtige, der hat natürlich eine große Hofhaltung gehabt,
00:15:28: schon um sich gegen die Habsburger ordentlich zu positionieren. Und da war ein Heiden ihre
00:15:35: wichtig. Und die Nachricht von diesen genialen Komponisten hat sich natürlich wie ein Lauffeuer
00:15:40: verbreitet und nach ein, zwei Jahrzehnten sind schon die Raubdrucke erschienen in Paris und in London
00:15:46: von seiner Musik zum Teil unter seinem Namen, immer öfter unter seinem Namen. Dann hat man
00:15:51: schon Fälschungen herausgebracht, also zweitklassige Musik unter den Namen Heiden, weil sich es
00:15:57: gut verkauft hat. Also er wurde so nach und nach durch seine konsequente Arbeit wirklich berühmt,
00:16:02: bis er dann Aufträge gekriegt hat. Zuerst einmal aus Paris, wo er nicht selber hingefahren ist,
00:16:07: aber für Paris oder die sechs Pariser-Symphonien komponiert, knapp vor der Revolution, dann
00:16:13: wäre noch eine Paris-Tranche geplant gewesen, die aber aufgrund der Revolution dann natürlich
00:16:19: nicht mehr stattgefunden hat, dann hat man ihn nach London eingeladen. Und er hat lange gezögert,
00:16:23: aber wie er dann die Gage gehört hat, hat er es noch gewagt. Und das ist also zweimal damals schon
00:16:28: als quasi betagter Mann. Denn er war Jahrgang 1732 und er war da schon an die 60, wie er das erste
00:16:37: Mal nach London kutschiert ist. Und mein zweites Mal war er schon über 60 und das war ja für
00:16:42: damals schon beinahe ein Kreisenalter. Kurze Zwischenfrage, wie ist man damals weltberühmt
00:16:47: geworden? Über welche Wege war das möglich? Weil klassische Medien gab es nicht, geschweige
00:16:53: den digitalen Verbindungen? Nein, aber es gab natürlich zwischen den Fürstenhäusern und zwischen
00:17:01: den Fürstlichen Kapellen und durch reisende Musiker natürlich einen regen Austausch. Und wenn
00:17:08: da jemand ein tolles Quartett oder eine tolle Symphonie gefunden hat, dann hat er die mitgenommen
00:17:14: unter Umständen und hat sie woanders präsentiert. Und es war ein reger Austausch und Heiden hat
00:17:21: ja auch gebraucht, andere Opern von anderen Komponisten, die er dann aufgeführt hat in
00:17:26: Estherhauser und einstudiert hat. Und das war also, der Notenhandel war sehr, sehr wichtig. Man
00:17:32: musste schauen, dass man gedruckt wird. Es gibt dann Korrespondenzen auch mit französischen und
00:17:37: englischen holländischen Verlegern, die halt dann die Werke herausgebracht haben. Zum Teil
00:17:42: konnte er es mehrfach verkaufen. Wir gehen ja heute aus, dass es ein Tantiemen-System gibt. Das gab es
00:17:49: damals natürlich nicht. Aber er hat so eine Serie von sechs Quartetten oder von sechs Klaviersonaten
00:17:53: oder sechs Klaviertreos, hat er verkauft an einen Händler, der hat ihm so und so viel Gulden dafür
00:18:00: bezahlt, dafür hat der Händler dann kassiert, dann hat der Komponist dann nichts mehr bekommen. Aber
00:18:04: sein Name hat sich verbreitet. Und wenn alle fanden, das ist tolle Musik, was gibt es denn von dem noch?
00:18:10: Also das ist Angebot und Nachfrage und der war einfach dermaßen qualitätvoll, in dem was er
00:18:16: geliefert hat. Das habe ich gesagt, um heiden, heiden, heiden muss er auch nicht. Und noch eine Zwischenfrage,
00:18:21: um noch mal zurückzuspringen zu seiner musikalischen Erweckung als Sängerknabe. Das war beim
00:18:27: Steffans Dom war er ja Sängerknabe. Gab es damals einen Steffans Dom-Sängerknaben-Kor. Es gab die
00:18:34: Hofmusikkapelle, das sind bis heute unsere Sängerknaben. Das wurde ja tatsächlich in Egesia. Frauen dürfen
00:18:40: in der Kirche nicht singen und haben überhaupt zu schweigen. Das war die Regel. Das war die Regel bis
00:18:46: weit herauf. Das heißt, es musste Sängerknaben geben. Das hat man hat die kleinen Burmen gebraucht,
00:18:51: die noch hoch singen konnten. Die wurden hervorragend ausgebildet. Und wenn einer Pech hatte und eine
00:18:57: so schöne Stimme hatte, dass man gesagt hat, das wollen wir uns erhalten, so ist das Kastratenwesen
00:19:04: entstanden. Die höchst bezahlten Opernsänger waren nicht die Primadonnen und die Tenere, wie man
00:19:12: heute glauben würde, sondern waren die Kastraten, die ungärwirtuos waren. Und die Grundlage der
00:19:17: musikalischen Schulung dieser Leute, die hat gelegt diese Erziehung in den Kirchenkörn. Und da war
00:19:25: Heiden eben mit beteiligt. Und wie gesagt, zum Glück hat er dort ... Ja, was gibt das nicht so
00:19:30: gut, dass Sänger war. Genau. So wurde er also zu den bedeutendsten Komponisten seiner Ära. Und dann hast
00:19:36: du ja schon erwähnt, dass er quasi der Mentor von Mozart und Beethoven war. Mozart war ja 24
00:19:43: Jahre jünger, Beethoven war 38 Jahre jünger. Sind die drei eigentlich je zusammen an einem Tisch
00:19:49: gesessen? Das glaube ich nicht. Es war so, dass Beethoven, wie er das erste Mal nach Wien kam,
00:19:55: hat er Mozart spielen hören. Und eigentlich war der Plan, wie er dann das zweite Mal kam,
00:20:02: Anfang der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts, dass er bei Mozart studieren sollte. Und das war Mozart
00:20:12: tot seit 1791. Und so kam es also dazu, dass gar keine Frage war, dann Heiden. Es gab niemand
00:20:19: anderen, der auf dem Niveau war, wo man den betroffen hat.
00:20:22: er so unglaublich talentiert war, hingeschickt hätte. Und so wurde also Beethoven zum Schüler
00:20:27: Heidens und da ist er die berühmte Geschichte, der Tagebucheintrag des Grafens Waldstein.
00:20:33: Der Beethoven, der von Bonn weggegangen ist, geschrieben hat, lieber Beethoven, sie reisen
00:20:38: jetzt nach Wien, dort empfangen sie durch Fleiß, durch ununterbrochenem Fleiß, empfangen
00:20:44: sie Mozarts Geist aus Heidens Händen. Mozart war schon tot, aber Waldstein, dem kommt das
00:20:51: wirklich zugute, dass man sagen kann, der war der, der die Drei-Wiener-Klassiker als
00:20:57: erster auf einem Blatt Papier im Jahr 1792 verewigt hat. Und der hat recht bealten. Mozarts
00:21:03: Geist aus Heidens Händen ist natürlich ein bisschen ein Umweg, aber man muss schon sagen,
00:21:08: dass die Begegnung mit Mozart, Begegnung mit Beethoven war für Heiden nicht so angenehm
00:21:14: als er natürlich sofort erkannt, was er konnte, aber Beethoven war ja ein Heißsporn und hat
00:21:20: ja nicht daran gedacht, sich da irgendwie unterzuordnen und sich überall als unterteniger Schüler
00:21:24: von Josef Heiden zu präsentieren. Er hat natürlich auch sehr genau gewusst, was Heiden
00:21:28: konnte und was er ihm vertankt, aber er hat zum Beispiel sein Opus 1 nicht dem Heiden
00:21:34: gewidmet, was eigentlich man erwartet hätte, der ersten Klavier Drios, sondern erst Opus
00:21:39: 2, der ersten Klavier. So natens sind dann dem Lehrer Heiden gewidmet. Ja, das hat der
00:21:44: Heiden gar nicht nett und gut gefunden. Wie auch immer. Die waren sich nicht immer grün,
00:21:48: aber natürlich, sie wussten sehr genau, der Beethoven wusste sehr genau, es gibt keinen
00:21:52: anderen als den Heiden, bei dem er jetzt wirklich noch was lernen kann und Heiden hat sehr genau
00:21:56: gewusst, was der Junge kann und hat ihn ja dann letztlich auch empfohlen. Denn wir waren
00:22:01: bei Estahasi. Er war bis zu seinem Lebensende Hofkapellemeister bei Estahasi, das war dann
00:22:06: schon der Enkel von dem Fürsten, der ihn engagiert hatte, der überhaupt nicht mehr interessiert
00:22:11: war und der wusste natürlich, dass er da einen Juwel hat und der hat ja fast die ganze
00:22:15: Kapelle entlassen, aber den Heiden hat er nicht entlassen, weil das war ja eine irreserene
00:22:19: Nomäe, dass er den berühmten Komponisten der Welt ist, mein Hofkapellemeister. Er
00:22:24: musste gar nichts mehr machen, konnte eben auch nach London reisen, aber er musste einmal
00:22:29: im Jahr eine große Messe abliefern, und zwar zum Namensdag der Fürsten Estahasi. Und das
00:22:38: hat er auch gemacht, da sind die sechs großen Messens eine besser als die andere, ganz bedeutende
00:22:42: Musik des späten Heiden, also das Letzte, was er eigentlich vorhin in der Musik dann
00:22:47: hinterlassen hat. Und eine Siemte, ich war erst schon zu schwach und hat aber als Schüler
00:22:53: Beethoven, der damals aber schon ziemlich berühmt war, empfohlen. Und so kam die erste
00:22:57: Messe von Beethoven zustande, die große C-Tour-Messe. Und die war dann schon wieder so, aber Heiden
00:23:02: war immer originell, aber Beethoven war schon wieder so anders, dass der Fürsten zu ihm
00:23:06: gesagt hat, ja mein lieber Beethoven, was hat er denn da wieder gemacht? Das war schon
00:23:10: zu irritiert, das war schon zu avanciert. Also so hat sich die Klasse entwickelt, aber was
00:23:18: ich sagen wollte, Mozart und Heiden wussten genau, dass sie und nur sie auf Augenhöhe
00:23:24: miteinander verkehren können. Und da muss man sich mal vorstellen, Mozart hat eine Zyklus
00:23:31: von sechs Streichquartetten komponiert nach dem Vorbild der großen Heidenquartette, die
00:23:39: der Heiden gewidmet hat, das sind die sogenannten Heidenquartette von Mozart. Eines besser als
00:23:43: das andere. Und er schreibt selbst und wenn Mozart das schreibt, dann hat das was geheisen,
00:23:48: weil er war immer sehr spontan und alles ist schnell gegangen. Produkt einer langen und
00:23:52: schwierigen Arbeit. Also er hat sich wirklich Mühe gegeben. Die Stücke sind unglaublich
00:23:57: und haben im Umkehrschluss wiederum den Heiden inspiriert zu seinen späten Streichquartetten,
00:24:04: die alle nach den Mozart-Quartetten entstanden sind. Und in wem müssen wir uns vorstellen,
00:24:09: hat es ein Streichquartett gegeben, wo Heiden die erste Violine gespielt hat, Dietersdorf,
00:24:14: sehr guter Komponist der damaligen Zeit, die zweite Violine, Van Hal, auch ein Valentierter
00:24:21: Komponist, Stello und Mozart die Bratsche. Darauf haben wir auch gerne einen Mausel gewesen.
00:24:25: Was sind denn, kann man so sagen, was sind musikalisch die größten Unterschiede zwischen
00:24:30: diesen drei großen Komponisten, kann man da typische Stilmittel benennen, an denen
00:24:35: man kennt, dass es jetzt ein Mozart, das ist jetzt ein Heiden, das ist jetzt ein Beethoven.
00:24:39: Sehr schwer, bei Beethoven ist es relativ leicht, weil wie gesagt, da hat sich der Fürst
00:24:43: Esarhaar sich gesagt, na was soll denn das jetzt wieder sein? Also ist der Verrückte, der schon in
00:24:49: Richtung Romantik ausgragt, der die Kraftvolle, die Trotzigere, die oft Spritzige, geistreiche
00:24:57: Musik schreibt, aber immer schon mit einer Stoßrichtung ins schwere, ins romantische.
00:25:03: Also das könnte weder von Mozart noch von von Heiden sein. Bei Mozart und Heiden zugegeben,
00:25:19: ist es oft schwer, aber man könnte sagen der elegantere, weltgewandere, raffiniertere ist
00:25:31: der Mozart und der, die Beispiele, die wir gehört haben, der Erdiggere ist der Heiden und
00:25:37: sie treffen sich natürlich in der Spiritualität ihrer Arbeit. Beide machen aus nichts alles,
00:25:46: aber jeder im Domfall doch ein bisschen anders. Eine witzige Unterscheidung gibt's,
00:25:51: das hat man der Paul Bardura Scuder einmal gesagt. Es gibt dann wunderbar eine wunderbare
00:25:56: Möglichkeit, wie man ein Menuet von Mozart unterscheiden kann von einem Menuet von Heiden.
00:26:03: Wenn man auf die Melodie den Text ist, ist das die O'Reilly,
00:26:09: who owns the Hotel, sprechen kann, dann ist es Heiden, wenn man es nicht kann, ist es ein Mozart Menuet.
00:26:15: Ich weiß nicht das Einzige, was sich ausgeht. Ich habe schon versucht in diesem Rhythmus
00:26:21: eine deutsche Satz, ich habe noch nichts gescheites gemacht.
00:26:23: Aber heißt es, dass Heiden immer denselben Rhythmus hat in seinen Kompositionen?
00:26:30: Immer dieselbe metrische Gewichtung. Es stimmt natürlich nicht immer, aber verblüffend oft.
00:26:37: Is this the O'Reilly, who owns the Hotel?
00:26:41: Das kann man auf Deutsch schon sagen, z.B. ist das der Musikkritiker, den ich so mag?
00:26:46: Das ist schon zu lang.
00:26:48: Das ist ein typisches Heidenmenut.
00:27:00: Unglaublich, man kann es wirklich sagen.
00:27:02: Ich bin mir mal Mozart.
00:27:11: Geht nicht.
00:27:21: Ich bin mir noch an Mozart.
00:27:42: Geht auch nicht.
00:27:44: Aber gibt es noch ein halbes Heidenbeispiel, wo es geht?
00:27:46: Sonst glaube ich es dir nicht.
00:27:48: Ja, das geht wirklich.
00:27:57: Es ist ein Beispiel mit ein bisschen Verzierung, aber man kann diesen Satz sagen.
00:28:01: Wir brauchen einen deutschen Satz, damit wir sich das leichter machen können.
00:28:03: Ich habe versucht, ich habe mir jetzt nichts gescheites eingefallen.
00:28:05: Ist das der Musikfreund, der Heiden durchschaut?
00:28:11: Ja, das geht.
00:28:13: Das ist der, der dieses Satz dazu manual sagen kann.
00:28:15: Ist das der Musikfreund, der Heiden durchschaut?
00:28:27: Gut.
00:28:28: Weil man diesen Satz sagen kann, auf den Rücken muss von Heiden, dann ist es Heiden.
00:28:32: Man darf nur nicht sagen, der Mozart durchschaut.
00:28:34: Das Mozart lässt sich nicht durchschauen.
00:28:36: Heiden lässt sich durchschauen.
00:28:38: Das ist vielleicht der Unterschied zwischen den beiden, wenn du gefragt hast.
00:28:42: Aber so simpel.
00:28:43: Nein, das geht nicht immer.
00:28:45: Aber es geht verblüffend oft.
00:28:47: Ich habe noch eine Frage zu Wiener Klassik.
00:28:50: Heiden ist der Vater der Wiener Klassik, sagst du.
00:28:53: Und der Papa im Geiste von Beethoven und Mozart.
00:28:59: Aber als wir vorher das Leben von Heiden durchgegangen sind, hat sich das nicht unbedingt in Wien abgespielt.
00:29:04: Doch, zum Teil.
00:29:06: Weil der Fürst Esterhasen natürlich mit seiner Kapelle, also mit seinem ganzen Entourage übersiedelt ist, von Esterhaser nach Wien.
00:29:13: Also hat das Wiener Musikleben dann schon geprägt?
00:29:17: Absolut mit geprägt, mit seinen Auftritten in Wien natürlich, weil das war natürlich bald klar.
00:29:24: Und die Kaiserin Marietta Resia hat gesagt, wenn ich eine gute Opera hören möchte, muss ich nach Esterhaser fahren.
00:29:30: Die Anerkennung dessen, was Heiden geleistet hat, auch in der Vokalmusik.
00:29:35: Und irgendwie nur an die großen, späten Oratorien, die Schöpfung und die Jahreszeiten.
00:29:39: Ja, du sagst, das denken wir dran. Was muss man da drüber wissen? Was ist das genau?
00:29:43: Ja, da muss man wissen. Ich meine, die Oratorien, also das heißt Vokalmusik für den Konzertzahl,
00:29:50: oder sehr oft geistlich im Hintergrund, Georg Friedrich Händl in London eigentlich entwickelt hat,
00:29:55: wie er mit seiner fünften Operncompany endgültig pleite gegangen war.
00:29:59: Hat er gesagt, also ich brauche überhaupt keine Kulissen, ich brauche keine Opern, also ich gehe in den Konzertzahl und mache dort große Musikdrahmen.
00:30:07: Das war das Oratorium in London unglaublich populär und Händler hat damit wahnsinnig viel Geld verdient.
00:30:14: Und aus London kam auch die Anregung, ein Oratorium zu schreiben, das war die Schöpfung nach Milton's Paradise Lost,
00:30:22: also das ist ein englischer Klassiker, literarischer Klassiker.
00:30:26: Das ist die Schöpfungsgeschichte und auch da wieder, und das ist so typisch, wo die Schöpfungsgeschichte erzählt wird,
00:30:35: im Anfang ist Schuf Gott und so weiter, es Finsternis liegt auf der Erde und Gott sprach, es werde Licht und es ward Licht.
00:30:43: Der Parkenschlag in der Symphonie ist nichts dagegen.
00:31:06: [Musik]
00:31:28: Noch so ein Parkenschlag, jetzt stellen wir uns vor, wie das geklungen hätte, wenn Hayden nicht die Schöpfungstheorie vertont hätte, sondern die Urknalltheorie.
00:31:36: Hat er ja eigentlich mit vertont, ein bisschen, das gab es natürlich nicht, aber wenn wir das Chaos am Anfang hören,
00:31:43: dann hat das durchaus etwas jedenfalls von dieser Ur-Suppe, wo man sich denkt, das hat noch keine Richtung, da muss einer eingreifen.
00:31:52: [Musik]
00:32:21: [Musik]
00:32:36: Das klingt für uns natürlich, wir sind dann die Avant-Garde gewöhnt, also für uns klingt das nicht so,
00:32:40: aber man muss sich vorstellen, was das für die Leute damals um 1800 bedeutet, hat diese eigentlich vollkommen ungeordnete Klänge zu hören.
00:32:48: Das war schon etwas Besonderes und es gab dann noch ein zweites, die Jahreszeiten, auch nach einer englischen Vorlage,
00:32:55: wo er sich dann schon sehr schwer getan hat, weil er sich schon sehr alt gefühlt hat, aber auch da ist Musik von einer Frische drinnen.
00:33:02: Das ist ein hohe Lied der Arbeitskraft und des freudigen, gottergebenden menschlichen Tunes.
00:33:10: Und der Ackersmann eilt zur Arbeit auf das Feld und pfeift ein Liedchen und was pfeift er, pfeift die Backenschlagsymphonie.
00:33:18: [Musik]
00:33:29: [Musik]
00:33:52: Da war wieder dieses Pum-pum-pum-pum-pum-pum-pum-pum.
00:33:56: Genau, das ist das Backenschlag-Thema ohne Backenschlag, aber er konnte sich selbst zitieren, so populär war er.
00:34:04: Das muss man sich vorstellen, was das damals geheißt hat.
00:34:06: Es gab kein Radio, kein Plattenspieler, gar nichts, schon gar kein Internet.
00:34:10: So was mag das Publikum auch, oder?
00:34:11: Das liegt das Publikum natürlich.
00:34:13: Du hast erzählt oder du hast vorhin gesagt, Haydn hat das Streichquartett erfunden.
00:34:18: Das heißt, vorher haben sich nie vier Streicher zusammengesetzt und gesagt, da spielen wir mal zusammen.
00:34:23: Nein, nein, nein, also wie gesagt, natürlich gab es das vorher.
00:34:25: Natürlich haben zwei Geigen, Bradje und Cello miteinander Musik gemacht, oder ähnliche Vierer-Kombinationen.
00:34:33: Aber Haydn, wie bei der Symphonie, hat etwas genommen, was andere schon gemacht haben und hat ihnen gezeigt, wie oft man das ein- und selbe Formenmuster
00:34:46: durch kluge, auch formale Innovationen neu befüllen kann mit immer origineller Musik.
00:34:55: Und auch, das sind auch zick Streichquartette, auch graviertriose, ich weiß nicht, also alle diese Formen.
00:35:01: Und das Streichquartett, wie die Symphonie, ist zur zentralen Gattung der Klassik geworden und ist es geblieben.
00:35:08: Und in dem Streichquartett, also jeder Musiker, der etwas auf sich hielt, musste ein Streichquartett schreiben.
00:35:15: Außer er war ein so engagierter Opern-Komponist, dass er sich mit der Oper begnügen konnte, also Wagner zum Beispiel.
00:35:24: Aber schon Verdi hat aus einer gewissen Form von Eitelkeit gesagt, ich kann auch ein Streichquartett komponieren und hat das auch getan.
00:35:34: Und bis herauf, ins 20. Jahrhundert, wo die viele, fast alle der führenden Komponisten nicht unbedingt Symphonien geschrieben haben,
00:35:43: aber Streichquartette, daran haben sie sich alle geübt, Schönberg, Almanberg, Weber, Bartok.
00:35:49: Das ist die zentrale Gattung geworden und das war das Werk Haydn.
00:35:52: Haydn hat das etabliert. Ich stelle es mir ja so vor, dass wenn man als Komponist gespielt werden möchte,
00:35:58: dann muss man für die Orchestrierung so wählen, dass es auch Ensembles gibt, die einen spielen können.
00:36:04: Und wenn jetzt Streichquartette etabliert sind und sagen, okay, zwei Geigen, eine Bratsche und ein Cello,
00:36:09: dieses Quartett reißt um die Welt, das hat sich formiert und das steht zur Verfügung, um Dinge zu spielen.
00:36:17: Da macht es Sinn, dass man Stücke schreibt, die genau für dieses Quartett gedacht sind.
00:36:22: Das stimmt, das stimmt aber für die Generation ab, sagen wir Mendelssohn, Schumann und dann Brahms und die Folgenden.
00:36:30: Das ist losgegangen mit der Pflege der Streichquartette von Ludwig van Beethoven.
00:36:35: Beethoven war immer der Blendpunkt, das ist gar keine Frage.
00:36:38: Aber das ist das Gab, das war Haydn.
00:36:41: Und wer hat dann Haydn gespielt, wenn es diese Streichquartette noch nicht so gab?
00:36:45: Wie gesagt, noch in Wien mit Mozart und Van Hal, und die das doch, hat man Quartett gespielt.
00:36:51: Also man hat Art Hock Ensembles zusammengestellt, die die neuersten Stücke jeweils präsentiert haben.
00:36:56: Das hat sich dann auch das, so wie die Klaviersonaten oder die Klaviertrios, das hat sich wie die warmen Semmeln verkauft.
00:37:03: Wenn Haydn eine Streichquartett-Sammlung herausgegeben hat, dann ist die weltweit verkauft worden.
00:37:09: Und zu Hause musiziert worden, in den Salons, auch dann bald in den bürgerlichen Salons.
00:37:15: Und wie gesagt, dann haben sich irgendwann einmal konzertierende Streichquartett-Ensembles zusammengefunden.
00:37:21: Das war aber erst ab dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts.
00:37:26: Also eigentlich nach Haydn's Tod, weil er erst dann 1809 in Wien gestorben.
00:37:32: Und jetzt müssen wir kurz einen True Crime-Podcaster aus unserer Tagtlosfolge machen,
00:37:37: weil es gibt einen Krimi um seinen Schädel.
00:37:40: Ja, das ist irgendein Devotionaliensammler, hat es geschafft den Schädel Haydns aus dem Grab zu entfernen.
00:37:51: Ja, das war angeblich der Sekretär des Fürsten Estherhasee.
00:37:56: Haydn wurde zuerst in Wien begraben.
00:37:59: Und erst sechs Jahre später hat auch die Familie Estherhasee beschlossen, ihn zu würdigen.
00:38:04: Und hat seinen Überreiß zu übersetzen lassen.
00:38:07: Und dabei hat man festgestellt, dass der Schädel fehlt.
00:38:11: In dem Grab waren die Gebeine ohne Schädel.
00:38:14: Man hat dann herausgefunden, dass eben das Sekretär des Fürsten Estherhasee dahinter gesteckt hat.
00:38:20: Der hat offenbar interveniert und den Schädel kurz nach der Beisetzung für Forschungszecke entwenden lassen.
00:38:28: Hat ihn dann an einen Freund übergeben, der ihn ans Musikkonservatorium weitergeben sollte.
00:38:34: Das ist aber offenbar nicht passiert.
00:38:36: Und erst 1895, also Jahrzehnte später ist der Schädel wieder aufgetaucht
00:38:43: und ist dann in den Besitz der Gesellschaft für Musikfreunde in Wien, also den Musikverein, übergegangen.
00:38:49: Und 1954 hat man dann den Schädel und die restlichen Gebeine dann erst wieder vereint.
00:38:54: Und jetzt zusammen in einem Mausoleum in Eisenstadt in der sogenannten Heidenkirche.
00:38:59: Ja, kann man dem Meister einen Besuch abstatten.
00:39:03: Jetzt haben wir Streichquartett gesagt.
00:39:05: Wir haben am Anfang vom Kaiserlied gesprochen.
00:39:09: Das Kaiserlied war mindestens so populär wie die Parkenschlagssymphonie.
00:39:15: Und in einem der späten Streichquartette nimmt Reiden sein Kaiserlied und macht daraus einen Variationensatz.
00:39:23: Und da können wir ja zum Abschluss ein bisschen hinein hören.
00:39:53: Das war's über Heiden. Vielen Dank fürs Zuhören.
00:40:08: Wenn Ihnen die Sendung gefallen hat, dann geben Sie uns bitte in der App, in der Sie uns hören, fünf Sterne.
00:40:15: Und wenn Sie Anregungen haben und einen vierten Klassiker entdeckt haben, dann schreiben Sie uns bitte unter ...
00:40:22: ... podcast@depresse.com.
00:40:24: Ciao!
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